Alles wird schwieriger und teurer als man denkt
Wer glaubt, alles zu wissen, ist ein Narr. Doch der Weise kalkuliert seine Unwissenheit vorher ein. Aber wie bitte kalkuliert man ein, was man nicht weiß? Keine leichte Aufgabe. Aufgrund meiner Erfahrungen mit der ersten Crowdfunding-Kampagne 20131 weiß ich zumindest: Alles wird deutlich teurer, komplizierter und zeitintensiver als man denkt. Ständig tauchen aus dem Nichts neue Hürden auf, die einem den Weg versperren und überwunden werden müssen. Das kann sehr frustrierend und ermüdend sein. Daher habe ich mir dieses Mal viel Puffer eingeplant und mich auf einen Marathon anstatt auf einen Sprint eingestellt. Doch wie sehen diese Hürden aus? Einige davon habe ich im Artikel 15.000 Entscheidungen, Zweifel und Euro beschrieben. Zwei weitere aktuelle Beispiele:
Bei der Crowdfunding-Plattform Startnext können Unterstützer eine Rechnung anfordern. Was für die Supporter lediglich ein Häkchen mehr ist, kann für die Initiatoren sehr viel mehr Arbeit bedeuten. In meinem Fall musste ich mich erst einmal schlau machen, was überhaupt alles in einer Rechnung drin steht. Aber das hatte ich zuvor ohnehin gemacht, sodass ich es nicht als Problem ansah. Leider vergaß ich ein kleines Detail und musste dadurch alle Rechnungen neu ausstellen. An für sich eine Kleinigkeit, die mich alles in allem aber mehrere Stunden kostete.2
Der nächste Punkt betrifft das Versteuern der Crowdfunding-Kampagne. Die Plattform Startnext erwähnt dieses Thema im Handbuch für Starter mit keinem Wort, was ich sehr schade finde. Wie mich Markus von Startnext aber darauf hinwies, gibt es in den FAQs umfangreiche Angaben dazu, die ich übersehen hatte. Vielen Dank dafür! (Tipp: Ich würde diesen Punkt im Handbuch für Starter erwähnen bzw. kurz verlinken und die Suche so weit verbessern, dass diese Seite auch dort auftaucht.)
In der Bestätigungsemail nach der erfolgreichen Finanzierung heißt es kurz und knapp:
Eine korrekte steuerliche Abwicklung der Dankeschöns ist notwendig. Bei Unklarheiten empfehlen wir eine Absicherung durch einen Steuerberater.
Doch wie versteuert man die Kampagne als Kapitalgesellschaft, wenn das Finanzamt bis heute noch nichts von Crowdfunding gehört hat und es keine klaren Regelungen gibt? Wie versteuert man etwas, wenn es sich um Printprodukte und zusätzliche Leistungen handelt, die normalerweise mit 7% und 19% unterschiedlich versteuert werden? Selbst manche Steuerberater wissen hier nichts Genaues, wie ich aus eigener Erfahrung berichten kann. Wenn also jemand helfen und von vornherein Auskunft geben sollte, dann aus meiner Sicht am ehesten der Plattformbetreiber. Ich hoffe, hier tut sich noch etwas. Hier hat sich schon längst etwas getan und ich habe es übersehen.
- Offensichtlich haben mich diese negativen Erfahrungen nicht davon abgehalten, da ich bekanntlich 2015 mit einer zweiten Crowdfunding-Kampagne an den Start gegangen bin. Mir kam aber sehr zu Gute, dass ich 2013 bereits viel Lehrgelt bezahlt hatte und auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen konnte. ↵
- Warum so viel? Bisher erstellte ich als Freiberufler meine Rechnungen per InDesign. Entsprechend schick sehen sie auch aus, aber für die Vielzahl an Rechnungen ist das Programm völlig ungeeignet. Also musste ich mir eine neue Lösung überlegen. Aktuell habe ich eine Exceltabelle erstellt, die als Grundlage für die Serienbrief-Funktion von Word dient. Sobald das einmal steht, alle Angaben stimmen und die Formatierungen passen, ist das eine sehr schlanke Lösung. Aber bis dahin vergehen ein paar Stunden… ↵
Markus meint
Hallo Daniel,
sehr schön, dass du solch einen umfangreichen Beitrag geschrieben hast und so deine Erfahrungen mit der Community teilst.
Eine kleine Richtigstellung: In unserem FAQ haben wir ein Beitrag zum Thema Steuern festgehalten: https://www.startnext.com/hilfe/FAQ.html#q50
Viele Grüße
Markus
Projektbetreuung und Community-Management
Startnext
JUICEDaniel meint
Hallo Markus,
vielen Dank für deinen wertvollen Hinweis, den ich sofort im Artikel entsprechend ergänzt habe. Bitte entschuldige, dass ich das übersehen habe.
Und: tolles Monitoring betreibt ihr, Kompliment :)
Liebe Grüße
Daniel
PS: Mich würde mal interessieren, was ihr zu den beiden Optionen auf Seite 6 sagt. Vielleicht wäre eine der beiden Optionen ja umsetzbar?
Markus meint
Die Daten des Unterstützers ( (E-Mail, Adresse)) erhält der Projektstarter erst nach dem die Kampagne erfolgreich beendet ist. Die Daten sind auch relevant, nicht nur für die Lieferung, sondern auch für die Rechnung oder Spendenquittung (eine Spende ist ja im Grunde ein freier Betrag). Manchmal hat der Unterstützer auch einen freien Betrag ausgewählt, obwohl er ein Dankeschön haben möchte. Das führt dann zu Nachfragen seitens des Starters. Es gibt also ein paar Fälle, die es erschweren, dass der Unterstützer auch gegenüber dem Projektstarter anonym ist.
Viele Grüße
Markus
Projektbetreuung und Community-Management
Startnext
JUICEDaniel meint
Hier stimme ich dir nur so halb zu:
1. Den Namen des Unterstützers (reicht häufig völlig aus) sieht der Projektstarter bereits während der Kampagne/sofort. Und genau hier könnte man dem Projektstarter oder den Unterstützern die Option anbieten, dass der Projektstarter das (während der Kampagne) NICHT sehen soll. Was spräche dagegen?
2. „Manchmal hat der Unterstützer auch einen freien Betrag ausgewählt, obwohl er ein Dankeschön haben möchte.“ Das stimmt, zeigt jedoch, dass manche das wohl nicht so richtig verstanden haben. Also könnte man a) deutlicher darauf hinweisen, dass es sich hierbei um einen freien Betrag handelt, für den es KEINE Gegenleistungen gibt (würde auch den Projektstartern viel Arbeit ersparen, ein einfaches Häkchen auf der Unterstützungsseite reicht völlig) und b) gibt es nach wie vor sehr wohl Menschen, die das auch verstehen und gerne bewusst nicht nur frei, sondern auch anonym unterstützen würden. Und für diejenigen fehlt eine solche Möglichkeit.
Beide Punkte wären ja nur optional, also die bisherigen Möglichkeiten erweiternd, nicht ersetzend.
Markus meint
Hey Daniel,
ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich die Vorschläge per se ablehne. Die Umsetzung würde jedoch ein bisschen Gehirnschmalz benötigen, da alle Fälle zu bedenken sind, die eintreten können. Ich gebe die Vorschläge aber auf jeden Fall intern weiter.
Viele Grüße
Markus
Lothar meint
Lieber Daniel,
danke für diesen Einblick – hinter die Kulissen. Und keine Angst: Es kommt für mich überhaupt nicht rüber, das Crowdfunding nur doof ist. Ganz im Gegenteil: Du weißt die Herausforderungen, du hast sie selbst schon erfahren, du reflektierst sie – und trotzdem ziehst du das Projekt durch.
Für mich ist es genial, das Magazin in den Händen zu halten – und dich als Person dahinter zu kennen (womit wir wieder bei der Person im Rampenlicht wären).
Also: Nach dem Druck ist vor dem Druck – in diesem Sinne: Viel Kraft, Zeit zum Auftanken, Freunde, die dich aushalten, Menschen, die dir den Rücken stärken und Hilfe von oben.
SHIFT happens – das finde ich genial!
Lothar