Ich sehe was, was du nicht siehst…
… und das ist mies. Nicht immer ist es gut, alles zu wissen. Gedankenlesen etwa stelle ich mir sehr ätzend vor. Oder die Möglichkeit, genau zu sehen, wer wie viel verdient. Oder eben zu sehen, wer bei der Crowdfunding-Kampagne wie viel gibt. Ich weiß, das ist ein heißes Eisen und darüber redet man eigentlich nicht. Aber genau deshalb möchte ich es eben doch ansprechen und darauf hinweisen, dass so etwas gar nicht immer einfach ist.
Stell dir vor, du hast viele richtig gute Freunde, die mit dir durch Dick und Dünn gehen. Freunde, die bereits im Berufsleben stehen und gut Geld verdienen. Freunde, die dich dazu ermutigen, deinen Traum zu leben. Stell dir vor, du startest daraufhin eine Crowdfunding-Kampagne und hoffst auf ihre Unterstützung. Doch dann passiert etwas Unerwartetes: die Unterstützung bleibt aus und deine Kampagne scheitert krachend. Nach außen stehst du nun als Versager da und deine investierte Zeit war umsonst. Was nun?
Ich hatte das Glück – oder besser gesagt den Segen –, Freunde zu haben, die die SHIFT-Kampagne großzügig unterstützt haben. Dafür bin ich überaus dankbar, weiß ich doch, dass es alles andere als selbstverständlich ist. Man sieht aber auch gleichzeitig, wer nicht unterstützt hat, wer vorher vollmundige Versprechen abgegeben hat und sie nicht eingehalten hat. Wie gehst du damit um?
Wie gesagt: Das ist kein leichtes Thema und eigentlich sollte man nicht darüber reden. Aber mir war es wichtig, euch diesen Gedanken mitzugeben und darauf hinzuweisen. „Dann sieht man endlich, wer die wahren Freunde sind“, magst du vielleicht denken. Aber diese Denke stimmt nur teilweise und ist sehr riskant. Beziehungen sind komplex und Wahrnehmungen höchst unterschiedlich. Immer wieder habe ich Missverständnisse erlebt, die ich nur mit langen Telefonaten klären konnte. Was aber, wenn du für diese langen Telefonate keine Zeit mehr hast?
Einerseits sieht man, wie Menschen, die viel Geld haben, wenig geben. Andererseits erlebt man aber auch, wie manche Personen überaus großzügig sind, von denen man weiß, dass sie nur wenig haben. Einer von diesen unterstütze SHIFT anonym. Als ich – der allwissende Initiator – mich höflich bei ihm bedankte, war er ganz erstaunt, dass „anonym“ nicht gleich „anonym“ bedeutet, zumindest nicht für alle. Er war eine der wenigen Personen, die großzügig unterstützten und keinen Dank dafür erwartete, sondern einfach nur geben wollte. Auch wenn das für manche nur schwer vorstellbar ist: Es gibt sie tatsächlich noch, die Menschen, die Gutes tun und nicht darüber reden (wollen). Das sollte man nicht nur respektieren, sondern auch honorieren – und entsprechende Optionen einrichten, die dies ermöglichen. Aus diesem Grund fände ich eine der folgenden zwei Lösungen sinnvoll:
- Option des Initiators: Wenn der Initiator während der Kampagne nicht sehen könnte, wer wie viel gibt. Da der Gesamtbetrag natürlich sichtbar bleiben muss, müsste in diesem Fall zunächst verborgen bleiben, wer unterstützt hat.
- Option der Unterstützer: Wenn die Unterstützer die Option hätten, nicht nur nach außen, sondern auf Wunsch auch dem Initiator gegenüber anonym zu unterstützen. Zumindest bei freien Beträgen, die hinterher kein Dankeschön erfordern, wäre diese Möglichkeit sinnvoll.
Was denkt ihr dazu? Alles übertrieben, völliger Quatsch und nicht umsetzbar? Oder habt ihr noch weitere Vorschläge, wie man das verbessern könnte?
Markus meint
Hallo Daniel,
sehr schön, dass du solch einen umfangreichen Beitrag geschrieben hast und so deine Erfahrungen mit der Community teilst.
Eine kleine Richtigstellung: In unserem FAQ haben wir ein Beitrag zum Thema Steuern festgehalten: https://www.startnext.com/hilfe/FAQ.html#q50
Viele Grüße
Markus
Projektbetreuung und Community-Management
Startnext
JUICEDaniel meint
Hallo Markus,
vielen Dank für deinen wertvollen Hinweis, den ich sofort im Artikel entsprechend ergänzt habe. Bitte entschuldige, dass ich das übersehen habe.
Und: tolles Monitoring betreibt ihr, Kompliment :)
Liebe Grüße
Daniel
PS: Mich würde mal interessieren, was ihr zu den beiden Optionen auf Seite 6 sagt. Vielleicht wäre eine der beiden Optionen ja umsetzbar?
Markus meint
Die Daten des Unterstützers ( (E-Mail, Adresse)) erhält der Projektstarter erst nach dem die Kampagne erfolgreich beendet ist. Die Daten sind auch relevant, nicht nur für die Lieferung, sondern auch für die Rechnung oder Spendenquittung (eine Spende ist ja im Grunde ein freier Betrag). Manchmal hat der Unterstützer auch einen freien Betrag ausgewählt, obwohl er ein Dankeschön haben möchte. Das führt dann zu Nachfragen seitens des Starters. Es gibt also ein paar Fälle, die es erschweren, dass der Unterstützer auch gegenüber dem Projektstarter anonym ist.
Viele Grüße
Markus
Projektbetreuung und Community-Management
Startnext
JUICEDaniel meint
Hier stimme ich dir nur so halb zu:
1. Den Namen des Unterstützers (reicht häufig völlig aus) sieht der Projektstarter bereits während der Kampagne/sofort. Und genau hier könnte man dem Projektstarter oder den Unterstützern die Option anbieten, dass der Projektstarter das (während der Kampagne) NICHT sehen soll. Was spräche dagegen?
2. „Manchmal hat der Unterstützer auch einen freien Betrag ausgewählt, obwohl er ein Dankeschön haben möchte.“ Das stimmt, zeigt jedoch, dass manche das wohl nicht so richtig verstanden haben. Also könnte man a) deutlicher darauf hinweisen, dass es sich hierbei um einen freien Betrag handelt, für den es KEINE Gegenleistungen gibt (würde auch den Projektstartern viel Arbeit ersparen, ein einfaches Häkchen auf der Unterstützungsseite reicht völlig) und b) gibt es nach wie vor sehr wohl Menschen, die das auch verstehen und gerne bewusst nicht nur frei, sondern auch anonym unterstützen würden. Und für diejenigen fehlt eine solche Möglichkeit.
Beide Punkte wären ja nur optional, also die bisherigen Möglichkeiten erweiternd, nicht ersetzend.
Markus meint
Hey Daniel,
ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich die Vorschläge per se ablehne. Die Umsetzung würde jedoch ein bisschen Gehirnschmalz benötigen, da alle Fälle zu bedenken sind, die eintreten können. Ich gebe die Vorschläge aber auf jeden Fall intern weiter.
Viele Grüße
Markus
Lothar meint
Lieber Daniel,
danke für diesen Einblick – hinter die Kulissen. Und keine Angst: Es kommt für mich überhaupt nicht rüber, das Crowdfunding nur doof ist. Ganz im Gegenteil: Du weißt die Herausforderungen, du hast sie selbst schon erfahren, du reflektierst sie – und trotzdem ziehst du das Projekt durch.
Für mich ist es genial, das Magazin in den Händen zu halten – und dich als Person dahinter zu kennen (womit wir wieder bei der Person im Rampenlicht wären).
Also: Nach dem Druck ist vor dem Druck – in diesem Sinne: Viel Kraft, Zeit zum Auftanken, Freunde, die dich aushalten, Menschen, die dir den Rücken stärken und Hilfe von oben.
SHIFT happens – das finde ich genial!
Lothar