Eigentlich finde ich die Idee eines E-Readers gut – so lange es genügend Anbieter gibt. Auf der anderen Seite bringt diese Veränderung auch Gefahren mit sich, weshalb ich als Fan von gedruckten Büchern dem Ganzen skeptisch gegenüberstehe. Eine JUICED-Leserin konnte mir in ihrer E-Mail jedoch überzeugend darstellen, weshalb sie einen Kindle benutzt – obwohl sie gerne eine Alternative verwenden würde. Sie hat mir erlaubt, unseren E-Mailaustausch zu veröffentlichen.
Daniel: Was mögliche Monopolstellungen anbelangt, sehe ich Amazon in etwa auf Augenhöhe mit Facebook – knapp hinter Google. Einige nehmen das vielleicht nicht wahr, aber Google war anfangs nur eine Suchmaschine und jetzt machen sie fast alles – inklusive Projekt Loon, Internet für ganz Afrika. Amazon ist als Online-Buchshop gestartet und mittlerweile kann man dort fast alles kaufen. Nachdem sie den Buchhandel kaputt gemacht haben – mal die Schuldfrage außer Acht gelassen –, greifen sie als Nächstes den Einzelhandel (Lebensmittel) an. Sobald sie auch da eine Monopolstellung hätten (was viele bezweifeln), könnten sie die Preise dort kräftig anziehen, wo es keine Buchpreisbindung (nur in Deutschland) gibt.
Mit dem Kindle unterstützt du Amazon also fleißig. Bequemlichkeit hat eben seinen Preis – und den sehen die wenigsten von uns, leider. Zumal man Kindle-eBooks weder vermieten noch verleihen noch verkaufen noch verschenken kann – alles Vorteile von gedruckten Büchern. Außerdem kann Amazon auch bereits gekaufte eBooks einfach so wieder von deinem Kindle entfernen, was schon mal vorkam – obwohl in den AGBs natürlich das Gegenteil steht (stand?). Du gibst also ein Stück weit auch die Kontrolle ab über das, was du kaufst, eine klare Entmachtung des Kunden.
Leserin: Aus genau dem Grund habe ich mir zuerst einen SonyReader gekauft. Die hatten versprochen, einen Store aufzumachen mit einer ähnlichen Auswahl wie bei Amazon. Leider haben sie das nie gemacht. Und da ich nur englische Bücher lese, habe ich die in keinem Shop finden können – oder falls ich sie finden konnte, waren sie erheblich teurer als bei Amazon (wie gesagt: vorwiegend gibt es sie aber leider wirklich nur auf Amazon). Darüber hatte ich mich – wie viele andere Kunden auch – sehr geärgert.
Ich habe mindestens anderthalb Jahre gewartet, aber es hat sich leider nichts auf dem Markt verändert… Da mein Freund deutsche Bücher liest, die man überall gut kaufen kann, habe ich ihm den SonyReader vermacht und mir den von Amazon bestellt. So lange man nicht ALLES bei Amazon kauft – wie es ja viele leider wirklich tun –, kann ich es noch mit meinem Gewissen verantworten.
Nun zu deinen Argumenten gegen den E-Reader:
- Ja, man kann sie weder verleihen, noch verkaufen, noch verschenken. Das überwiegt in meinen Augen aber nicht die Vorteile. Denn als ich meine Bücher verkauft habe, habe ich gemerkt, was die Menschen bereit sind, dafür zu bezahlen: gerade einmal 50 Cent pro Buch (Im Vergleich: ein E-Book ist meistens weit mehr als 50 Cent günstiger als ein Paperback-Buch).
- Dass sie einfach so wieder entfernt werden können, habe ich zwar noch nie erlebt, aber da ich alle Bücher bisher nur einmal in meinem Leben gelesen habe, würde mich das nicht stören.
Nun zu meinen PERSÖNLICHEN Argumenten für einen E-Reader:
- Ich war zunächst auch skeptisch und konnte es mir nicht vorstellen, dass ich es angenehmer finden könnte, daraus zu lesen als aus einem echten Buch. Aber nun find ich es wirklich enorm praktisch: Man kann einhändig lesen, freihändig, in der Badewanne, am Strand (mit entsprechender Schutzhülle), im Dunkeln… und es ist für die Augen genauso angenehm wie bei einem richtigen Buch. Außerdem kann man die Schriftgröße und -art jederzeit ändern, wovon ich auch häufig Gebrauch nehme. Außerdem merkt sich jedes Buch automatisch, wo du aufgehört hast zu lesen, was ich sehr vorteilhaft finde.
- Weswegen ich mir aber überhaupt erst einen E-Reader gekauft habe: Man kann englische (und französische) Bücher lesen – und wenn man ein Wort nicht weiß, was ja häufig vorkommt, drücke ich lediglich darauf und schon hab ich die Übersetzung bzw. Erklärung dazu. Davon mache ich ständig Gebrauch und ich finde es viel praktischer, als die Wörter nachzuschlagen, was ich bei Paperbacks auch nur selten gemacht habe.
- Ein zweiter wichtiger Kaufgrund war, dass ich nicht mehr viele Bücher in meiner Wohnung wollte, da ich eine starke Hausstauballergie habe und die Bücher sowieso nur einmal lese (außer natürlich Fachbücher, die habe ich nach wie vor als richtiges Buch, was ich zum Nachschlagen auch deutlich praktischer finde). Zudem möchten wir nicht so viel Platz dafür verwenden. Wieso also ein Buch kaufen, dass ich hinterher nicht oder nur für 50 Cent loswerde?! Ich muss Bücher, die ich in meiner Freizeit lese, wirklich nicht besitzen. Klar, ich zahle in der Regel drei bis fünf Euro für ein Buch, das ich nur einmal lese. Aber erstens gibt es keine Bibliothek hier in der Nähe mit einer so guten Auswahl an englischen Büchern, zweitens überwiegen für mich nach wie vor die anderen Vorteile eines E-Readers und drittens bin ich an keine Ausleihfrist etc. gebunden.
- Ein weiterer riesiger Vorteil in meinen Augen: Ich kann mir jederzeit Bücher runterladen. Wenn ich am Wochenende Lust auf ein bestimmtes Buche habe, muss ich nicht in die Stadt gehen. Ja, das ist wirklich Bequemlichkeit, das gebe ich zu. Ist aber auch absolut nicht der Grund, weswegen ich mir einen E-Reader zugelegt habe. (Könnte man auch damit vergleichen, dass man heutzutage im Internet Nachrichten lesen kann und sich nicht erst eine Zeitung kaufen gehen muss, wobei dir da sicherlich auch wieder 1000 Argumente zu einfallen…) Dazu kommt natürlich, dass ich mir für einen Urlaub gleich mehrere Bücher kaufen kann, die alle darauf gespeichert sind, und ich also viel weniger Platz dafür benötige. Und da ich in einer Woche auch mal mehrere Bücher lese, ist das für mich sehr praktisch. Genauso natürlich bei Bahnfahrten etc. – der E-Reader passt in jede Tasche rein.
- Was für mich zusätzlich praktisch ist: Klassiker kann man kostenlos lesen!
Ich will und kann dich natürlich nicht dazu bewegen, mich zu verstehen. Ich denke jedoch, dass jeder für sich entscheiden muss ob er seine Bücher lieber digital oder als Buch haben möchte und für mich persönlich überwiegen einfach deutlich die Vorteile eines E-Books. Und ja, sobald es ein vergleichbares Angebot an englischen Büchern wie bei Amazon gibt, bin ich auch dazu geneigt, mir als nächstes einen E-Reader einer anderen Marke zu kaufen. Immerhin gibt es ja zumindest was deutsche Bücher betrifft, vergleichbare Anbieter…
Die Ironie der Geschichte: Wir kamen über das Buch The Circle darauf zu sprechen, das sie genauso wie ich sehr lesenswert fand und – wie könnte es auch anders sein – auf ihrem Kindle las.
Und die Moral von der Geschicht? Persönliche Vorteile überwiegen gesellschaftliche Gefahren.
Update 1 – Und hier die Antwort eines anderen JUICED-Lesers auf diesen Beitrag: Das Buch ist die Massage
- 01.2015 ↵
Mirco meint
Die Argumente der Autorin teile ich voll.
Vor allem für Belletristik aber auch textlastige Sachbücher ist ein E-Reader prädestiniert. Man liest solche Bücher nur einmal und sie bleiben letztendlich im Bücherregal und verstauben. Verschenken? Wer verschenkt schon alte Bücher – ich habe das nur wenige Male gemacht. Eher verkauft man alte Bücher, die lange herumgestanden haben doch letztendlich auf Flohmärkten. Für Weiterverkauf über Händler, die inzwischen auch Onlinevariante (auch Amazon bietet so etwas an) gibt, lohnt sich bei älteren Büchern kaum.
Verleihen von Ebooks? Ja, so etwas soll in den USA teilweise möglich sein – leider in Deutschland nicht. Eigentlich dürfte das ja technisch machbar sein aber da haben wohl die vielen Autoren und Verlage zu viele Argumente dagegen. Es ist also kein prinzipielles Problem, sondern weil die Rechteinhaber es einfach nicht wollen.
Es gibt also sehr viele Vorteile, die für Ebooks sprechen.
Es gibt aber allerdings auch PRAKTISCHE Nachteile. Ich bin sehr enttäuscht, dass es noch keine farbigen Ebookreader gibt. Vor allem bei Lehrbüchern oder Bücher mit vielen Abbildungen wäre aber eine farbige Darstellung notwendig. Daher kaufe ich mir viele Lehrbücher noch als Printversion. Vielleicht wird die Situation in wenigen Jahren ändern. Zu wünsche wäre das, denn häufig sind Lehrbücher sehr schwer und sehr unhandlich. Diese möchte man nicht immer schleppen müssen.
Was die Argumentation von Daniel gegen Amazon angeht, teile ich seine Meinung, dass es schade ist, dass die deutschen Verlage nicht geschafft haben, vergleichbare Distribution mit dem riesigen Angebot aufzubauen. Ich weiß nicht, ob die Leser hier es wissen. Aber Amazon hat in Deutschland nicht bei Null angefangen, sondern einen bestehenden deutschen Buchversender für viel Geld aufgekauft (habe selbst früher Bücher dort gekauft) und systematisch die Angebote erweitert. Warum haben die deutschen Großverlage den Buchversender nicht übernommen? Weil sie vielleicht konservativ gedacht haben und nicht viel Chance gesehen haben, dass der Vertrieb übers Internet erfolgreich sein könnte? Oder weil dem deutschen Buchhandel „zu gut“ ging, wegen des Buchpreisbindungsgesetz?
Ja, auch ich bin gegen Monopole und Oligopole – aber wenn wir schon darüber diskutieren, dürfen wir auch keine elektrischen Geräte mehr nutzen, kein Benzin mehr tanken, keine Suchmaschine benutzen und sogar keinen Computer mehr nutzen. Also doch so leben wie Friedensreich Hundertwasser in seinen letzten Lebensjahren?
Es gibt in der ganzen Geschichte nur wenige Beispiele, in der mächtige Konzerne zerschlagen wurde und ich glaube kaum, dass die USA Amazon, Google, Microsoft, Intel & Co. zerschlagen werden. Genauso wird es auch in anderen Ländern mit ihren Monopolen und Oligopolen sein. Aber ich drifte vom Thema ab.
Ein weiterer interessanter Aspekt zum Thema Ebook ist die bescheuerte Besteuerung. Die Bücher werden mit 7% besteuert. Es ist dabei egal, ob es sich um einen Roman handelt oder um ein Lehrbuch. Die Ebooks werden in Deutschland aber mit 19% besteuert! Warum? Und trotzdem sind die Ebooks günstiger – allerdings IMHO nicht günstig genug, wie sie sein sollten. Bei manchen aktuellen Romanen gibt es die Ebook-Version erst gar nicht und wenn doch, dann ist die digitale Form nicht günstiger als die gedruckte Form. Ob das vielleicht darauf zurückzuführen ist, dass die Verlage die Preise diktieren? Ist das nicht auch eine Form von Monopol? Warum gibt es nur in Deutschland das Buchpreisbindungsgesetz?
Ich bin froh, dass ich einen Kindle besitze und will ihn nicht missen – auch wenn das Gerät mehr oder weniger an Amazon gebunden ist und ich somit einen bösen Fast-Monopolisten unterstütze.