Oder: Was würde Luther heute tun?
Ausgangspunkt: FR-online.de (Frankfurter Rundschau Online). 01. Dezember 2008.
- Es war das Internet.
- Es waren Menschen, die im Internet schrieben.
- Es waren Journalisten, die ebenfalls im Internet schreiben wollten.
- Es waren die Kosten, die dadurch entstanden.
- Es waren die Einnahmen, die notwendig wurden – durch Werbung.
- Es war der Verlust – die Werbeeinnahmen reichten nicht aus.
- Es waren die Konzerne und Verlagshäuser, die reagieren mussten.
- Es war die Entscheidung, Personal (= Kostenfaktor) zu entlassen.
a. WAZ: 300 Arbeitsplätze abbauen (hat nichts mit dem Film 300 zu tun!).
b. Süddeutsche Zeitung: Üppige Abfindungen, Kündigungen nicht ausgeschlossen.
c. Handelsblatt: Wo kann was gekürzt werden?
d. FAZ: zehn Prozent sparen.
e. Gruner + Jahr: „Zentralredaktion“ kostet Hundertschaft von Journalisten den Job?
Die Logik dahinter? Mit weniger Personal mehr Qualität liefern. (Aha.)
Und jetzt? Daland Segler (der FR-Autor):
Man sehe sich nur einmal die Menge der Fehler auf der Web-Site an, die als Vorbild für ein journalistisches Web-Portal gilt: Spiegel Online. Das wäre im gedruckten Spiegel undenkbar.
Oha. Spiegel Online als Negativbeispiel angeführt. Na das kann ja interessant werden.
Zunächst einmal die Gründe des Qualitätsmangels:
- Es waren schlecht ausgebildete Schreiber.
- Es war der Zeitdruck des Mediums (Internet).
- Es war „ein Zeichen für eine Entwicklung, die größere Dimensionen hat und auf lange Sicht unglücklich, wenn nicht verhängnisvoll werden könnte“.
- Es waren die falschen oder extrem kurzlebigen Informationen – durch die Schnelligkeit nur vorgetäuscht.
An dieser Stelle ein interessantes Zitat:
Der Blogger ist immer und überall, ungefragt und ungehemmt tut er seine Meinung kund – allerdings allzu oft auch unbeleckt von tieferer Kenntnis über das, was er kommentiert.
Im Anschluss (auf Seite 2) drischt der Autor dann ordentlich auf Blogger, Bürgerjournalismus und die Bild-Zeitung ein. Optimistisch stimmt ihn dann die auf Zeitungen bezogene Aussage des Australier Rupert Murdochs:
Unser wirkliches Geschäft ist nicht das Bedrucken toter Bäume, sondern großartiger Journalismus und großartige Urteilskraft.
So weit die Vorgeschichte. Natürlich lies Spiegel Online nicht lange auf sich warten und lieferte gleich am folgenden Tag (02.12.) die passende Antwort. Gelungen fasst der Autor den Artikel Seglers zunächst einmal zusammen:
Am Internet (…) geht der Journalismus zugrunde. Wegen der üblichen Verdächtigen:
• Blogger (Dilettantismus!),
• Bürgerjournalisten (Leserreporter!),
• Zeitdruck (Fehler!).
• Und Geldmangel natürlich.
Danach folgt ein kurzes, aber kurzweiliges (hä?) „Blablabla“ und anschließend eine denkwürdige Frage:
Ob aber ausgerechnet Kollegenschelte und Publikumsbeschimpfung den Weg aus der Krise weisen?
Und nun wird es richtig amüsant. Wie kleine Kinder (oder Politiker?) getreu dem Motto: „Wie du mir, so ich dir!“ kriegt der FR-Autor nun öffentlich Nachhilfe-Unterricht. Alle Fehler des Autors werden aufgelistet. Peinlich. (Fragt sich nur für wen?) Zum krönenden Abschluss wird Rupert Murdochs Zitat (siehe oben) als „klügster Satz im langen Text“ gelobt. Hart.
Sorry, aber dieser Schuss ging echt nach hinten los. Fragt sich nur für wen? (Nicht auszudenken, wie oft der Spiegel-Autor seinen Artikel vermutlich überprüfen lies, damit auch ja kein Fehler in seinem Artikel vorkommt – wäre ja auch megapeinlich.)
Und das Beste zum Schluss: Segler reagierte sogar auf den Spiegel-Artikel, verlinkte ihn prompt, korrigierte eifrig seine eigenen Fehler (aber so, dass man sie noch immer sehen kann – wie albern ist das denn?) und ergänzte am Ende: „(editiert von der Redaktion mit freundlicher Unterstützung von Spiegel Online)“
Da greife ich mir als Leser doch an den Kopf. Haben die Journalisten denn nichts Besseres zu tun, als sich gegenseitig lächerlich zu machen/Bloß zu stellen/…? Die sollen lieber mal über wichtige Inhalte schreiben. Kein Wunder, dass Stellen gestrichen werden müssen! Sicher, es war unterhaltsam. Aber irgendwie auch traurig.
Immerhin hat der FR-Artikel einen Kommentar. Einen, wie ich finde, guten Kommentar. Von einem gewissen FR-Leser:
Ausgerechnet die FR beklagt sich also über die journalistische Qualität im Internet. Das kann eigentlich nur ein Scherz sein. Ausgerechnet das Blatt, dass seit Jahren beweist, wie man Journalismus kaputtsparen kann und jeden Tag belegt, dass nicht alles, was auf Papier gedruckt wird, auch qualitativ hochwertig sein muss.
Wer noch immer nicht genug von Bloggern oder meinem ewig langem Blogeintrag hat, kann sich unter folgendem Link noch einen weiteren interessanten Blogeintrag durchlesen: Journalist pöbelt Blogger an?
In dem Blogeintrag nimmt ein Blogger Bezug auf einen Artikel der FAZ, in dem eine provokante Aussage stand:
(…) Der Blogger bleibt der arbeitsweltliche Asoziale, mit dem draußen keiner spielen wollte.
Der Blogger fühlt sich natürlich sofort persönlich angegriffen (oder so ähnlich) und gibt gleich mal Kontra. Mit drei bis fünf Links zum Weiterlesen. Und so weiter… (Für Lesestoff und Unterhaltung ist ausreichend gesorgt!)
Tja, wenn Blogger über Blogger bloggen…
An dieser Stelle noch ein Hinweis in eigener Sache: Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. (So einfach kann es sein ;) )
PS: Ja, die vielen Schlagworte mussten sein. Puuh, geschafft.
Andreas meint
Das solltest du auf alle Fälle dem Meier schicken. Ungelogen, ich glaube das interessiert den ziemlich!
Gruß, Andreas
Sie meint
Wenn Blogger über Blogger bloggen – uh la la zungenbrecher ;)
hast du denn schon mal google bei google gegoogelt?
JUICEDaniel meint
;) Nettes Wortspiel. Antwort: Ja, hab ich. Aber mittlerweile tu ich das über Yahoo. Evtl. dazu später mal einen Blogeintrag ;)