Wieso DIESES Buch goldrichtige für angehende Journalisten ist
An dieser Stelle mal eine Buchampfehlung für Weihnachten. Gestern hab ich es endlich fertig gelesen: Trendbuch Journalismus. Erfolgreiche Medienmacher über Ausbildung, Berufseinstieg und die Zukunft der Branche
Das 299-Seiten starke Buch ist ein systematisch angelegtes Sammelsurium (wer den Fehler gefunden hat, darf ihn behalten ;) ) diverser Interviews mit der High Society des Journalismus (falls es sowas überhaupt gibt). Sprich: 28 mächtige Menschen aus den Medien geben zehn Seiten lang alle erdenklichen Weisheiten von sich. So beinhaltet das Buch u.a. Interviews mit Stefan Aust (ehemaliger Chefredakteur des Spiegels), Kai Diekmann (Chefredakteur von Bild), Sabine Töpperwien (wer Fußball mag, kennt sie!) oder Anne Will (damals noch Tagesthemen-Moderatorin).
Sie alle erzählen über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Journalismus, ihres eigenen Werdegangs, gute Einstiegschancen und ihre persönlichen Zukunftsprognosen. Und wiedersprechen sich dabei des Öfteren – spannend! Auch manche Exoten kommen zu Wort, beispielsweise der Reporter Helge Timmerberg (einer der Highlights, wie ich finde). So steht auf Seite 249 eine sehr unterhaltsame und zugleich nachdenkliche Passage:
Hunter S. Thompson schreibt in seinem Buch Angst und Schrecken in Las Vegas: „Journalismus ist weder Beruf noch Handwerk. Es ist nichts als ein billiges Asyl für Arschlöcher und Missratene.“
Timmerberg: Da irrt Thompson, aber es geht bei ihm auch nicht darum, ob er sich irrt oder Recht hat, bei Thompson geht es darum, dass er ein extrem guter Schreiber ist und extrem viel Mut hat. Der traditionelle Journalist ist eher ängstlich. Er versteckt sich. Wenn er über eine Person etwas Negatives schreibt, dann sagt er nie: Ich mag sie nicht. Er findet stattdessen zehn andere Personen, die er seine Meinung sagen lässt. Auf der Straße nennt man sowas verlogen, mies und feige. Im Journalismus nennt man es objektiv.
Seht ihr das auch so? Gerne können wir in den Kommentaren darüber diskutieren!
Auf der nächsten Seite liefert er ein weiteres provokantes Zitat:
Stichwort Langeweile. Sie betonen, es gebe für Sie kein anderes Tabu. Sind das nicht zu wenige Tabus für einen Journalisten?
Timmerberg: Der Leser darf sich nicht langweilen, das ist das oberste Gebot. Wenn er nicht mit den ersten Sätzen in den Text hineingezogen wird, liest er gar nicht erst weiter, und alles war für die Katz. Langeiliges schreiben – das ist, als würdest du durch die Gegend laufen, Bäume abhacken und „umsonst gestorben“ draufritzen. Für Langeweile braucht es kein Papier. Und keine Recherche.
Krasser Vergleich, oder?!
Fazit: Es gibt noch zahlreiche weitere Zitate, die es verdient hätten, hier aufgelistet zu werden. Aber das würde jetzt den Rahmen sprengen. Jedenfalls: Mit Trendbuch Journalismus ist dem Herausgeber Bernhard Pörksen ein kurzweiliges und inhaltsvolles Buch gelungen, das einen guten Einblick in das Leben der Journalisten gewährt. Daher lohnt sich die Interview-Sammlung nicht nur für angehende Journalisten.
Obwohl das Buch bereits 2005 veröffentlicht wurde, ist es nach wie vor aktuell. Dem Leser werden die unterschiedlichsten Facetten der Journalismus-Branche beschrieben. Neben den klassischen Themen der Print-, Radio-, TV- und Online-Medien kommen hin und wieder auch andere Themen wie PR auf. Lobenswert! Lesenswert!
Basti (alias nTm) meint
Recht hatter, der Timmerberg.
Wenn du langweilig schreibst, liest es ja keiner. Die Leute wollen heute etwas was fesselt, etwas das tabus bricht. Objektivität ist heutzutage fehl am Platze.
Warum sonst lesen so viele Menschen Bild! und Co?
Das Buch klingt auf jeden Fall interressant, ist bei der nächsten Bestellung bestimmt mit von der Partie…
(Habe ich erwähnt, dass meine Mutter ein Online-Antiquariat führt? http://www.antbu.de )
JUICEDaniel meint
@Basti: Was das Buch anbelangt: Es sind halt „nur“ Interviews, nicht mehr und nicht weniger. Das sollte man sich schon bewusst machen. Ich jedenfalls mag Interviews – vor allem, wenn sie inhaltsvoll sind. Was ich noch ergänzen würde: Das Buch hilft meiner Meinung nach sehr, die Unterschiede im Journalismus und den einzelnen Publikationen besser kennen zu lernen und auch zu verstehen – bzw. erst einmal das Bewusstsein zu wecken, dass Journalismus nicht gleich Journalismus ist. Von daher eben meiner Meinung nach auch für Otto Normalverbraucher interessant. Denn es unterhält, informiert und bildet. Und liefert wertvolle Hintergründe (einen guten Einblick hinter die Kulissen)…
Falls du das Buch bestellst, würde ich mich über ein Feedback von dir freuen, wie du es fandest. Ich selbst bin nun ja „vorbelastet“ und kann das Thema gar nicht mehr ganz objektiv angehen ;)
RRReissdorf meint
boah, den Diekmann hab ich ja gefressen
(und die gesamte Blöd Kac*e dabei)