Oder: Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg in aller Munde.
(Kleine Knobelaufgabe am Rande: Wird Karl-Theodor mit oder ohne Bindestrich geschrieben? ;) )
Der Blogger mr.plow hat versucht, die Vergangenheit unter dem Blogeintrag Ein kleiner Exkurs in die Mediengeschichte näher zu beleuchten. (Übrigens: S(D)ein Blog hat kein Impressum – tztztz!) Seine Eingangsfrage:
Ein exzellentes Beispiel dafür wie Medien Wirklichkeit produzieren – und das nicht zu ihrem Besten. Ich rieche die Kulturkritik und Medienschelte schon um die Ecke kommen. Aber war „früher“ wirlklich alles besser?
Mein erster Gedanke war: Wer hat behauptet, dass früher alles besser war? Ich behaupte: Früher war alles anders. Heute ist alles anders. Und morgen wird alles anders sein. Und egal ob wir das gut oder schlecht finden, was völlig subjektiv ist, es wird immer alles anders sein und werden. Unter „Heute(?)“ schreibt er:
Wirklichkeit sind die Teile davon die Journalisten ohne Gewissensbisse zitieren können.
Dem stimme ich nur bedingt zu. Vielmehr glaube ich, dass Journalisten auch mit die Wirklichkeit konstruieren. Durch sie sind Präsidenten zurückgetreten und andere Skandale kamen an die Öffentlichkeit. Daher zitieren Journalisten nicht nur Wirklichkeit, sondern sie gestalten sie ebenfalls mit. In der Medienrealität würde man diese Wirklichkeit in etwa so beschreiben:
Wirklichkeit existiert nicht unabhängig von Massenmedien. Journalismus ist Teil des kollektiven Bemühens, eine gemeinsame Realität zu konstruieren, die Basis für soziales Handeln ist.
Dann die nächste gewagte Aussage:
Nachrichten liest man auf Blogs.
Das ist größtenteils leider falsch. Es trifft auf eine äußerst kleine Minderheit zu – und ich behaupte, das ist auch gut so! Die große Mehrheit der deutschen Internetuser nutzt Blogs gar nicht. 2008 haben nur sechs Prozent der Online-Nutzer ab 14 Jahren Weblogs genutzt, glaubt man der ARD/ZDF-Onlinestudie 2008. Nur 24 Prozent der Online-Nutzer kannten 2008 Weblogs überhaupt. Es werden zwar immer mehr, aber trotzdem viel weniger als manche glauben. Wie kommt diese falsche Wahrnehmung? Ich glaube vor allem weil wir selbst bloggen und in dieser Materie / Welt so tief drin sind, fällt uns gar nicht mehr auf, wie es wirklich ist. Wir müssen uns als Blogger immer wieder bewusst machen, dass wir trotz der vielen Blogs, Einträge, Verlinkungen und Kommentare nur eine kleine Minderheit sind. Heute. Wie das morgen aussehen wird, weiß keiner. Außer Gott. Dass der Trend jedoch immer mehr in Richtung Blogs geht, ist klar. Meiner Meinung nach jedoch nicht Nachrichtenseiten-verdrängend, sondern -ergänzend.
das sehe ich alles sehr ähnlich. ich hatte lediglich die übliche medienschelte antizipiert und mich gewundert ob sich jene die sich immer wieder in dieser form dazu äußern eigentlich darüber im klaren sind, dass viele probleme erst durch halbwegs unabhängige medien, halbwegs freien informationsfluss im internet, und halbwegs demokratischen zugang zu diesen rescourcen entstehen. natürlich ist es blöd wenn im auto die heckscheibe dreckig ist, der motor stottert und die bremsen nicht funktionieren. aber laufen möchte ich trotzdem nicht.
früher war alles anders als es heute anders ist. absolut. ich hoffe ich habe die gewalt und informationsknappheit des mittelalters nicht zu sehr romantisiert ;)
ich frage mich auch ob blogs nicht doch einflussreicher sind als du meinst. sicher, die meisten deutschen schauen rtl und lesen bild oder spiegel, aber bei vielen medien habe ich das gefühl sie würden meistens die themen aufgreifen die gerade in der blogospäre abgefrühstückt wurden. was denkst du?
„aber laufen möchte ich trotzdem nicht.“ Guter Punkt. Aber: Sicher wirst du gerade deswegen dein Auto reparieren anstatt es wegzuschmeißen, oder? Meint: Ohne Journalismus will ich nicht (mehr), also hab ich nichts gegen eine kleine Korrektur hier und da, sofern dadurch „der Motor wieder rund läuft“. Ich denke aber, dass wir uns da einig sind. :)
„ich hoffe ich habe die gewalt und informationsknappheit des mittelalters nicht zu sehr romantisiert“ – vielleicht ein wenig. Man stellt sich das manchmal vielleicht so vor. Aber gerade zu der Tageszeit draußen auf dem Klo – echt sch… . ;)
„ich frage mich auch ob blogs nicht doch einflussreicher sind als du meinst.“ Ich meine nicht, dass sie nicht einflussreich sind. Nur nicht so weit verbreitet, wie man meint. Sicher, immer häufiger werden Blog-Themen aufgegriffen und Nachrichten entstehen draus, wie jünst auch die „Wikipedia-Panne“ um Karl Theodor Freiherr von und zu Guttenberg verdeutlicht. Oder ein Hoax, dem andere Nachrichtenseiten wie die der New York Times auflaufen und es groß auf der Startseite drucken.
Aber insgesamt glaube ich, dass Blogs nach wie vor eher Themen der Medien aufgreifen und kommentieren bzw. daraus zitieren und mit ihrer eigenen Meinung (subjektiv) ergänzen als dass Blogs selbst Themen auf die Tagesordnung setzen. Blogs richten sich demnach nach den Medien, den journalistisch-redaktionellen Inhalten, die möglichst objektiv sein SOLLTEN, und nicht umgekehrt. Einzelfälle gibt es – sogar prominente. Aber eben „nur“ Einzelfälle. Wie gesagt: Wie es morgen aussehen wird, weiß keiner außer Gott. Und ich wage zu sagen: Das ist auch gut so! (macht das Leben spannend) ;)
Lustigerweise wird einfach gesagt: „so viele Leute benutzen keine Blogs“ und als weitere Aussage „so viele Leute wissen nicht, was ein Blog ist“. Woher die Annahme, dass all diese Leute ihre Informationen nicht aus einem Blog beziehen? Kriegen die, die keine Blogs nutzen, denn überhaupt mit, dass sie gerade einen lesen? Und wieso sollten leute keine Blogs (passiv) nutzen, nur weil sie nicht wissen, was das ist?
Du beziehst dich auf „2008 haben nur sechs Prozent der Online-Nutzer ab 14 Jahren Weblogs genutzt, glaubt man der ARD/ZDF-Onlinestudie 2008. Nur 24 Prozent der Online-Nutzer kannten 2008 Weblogs überhaupt.“, richtig?
1. ist eine ARD/ZDF-Studie nicht „einfach so gesagt“, sondern eine Studie – und nicht von irgendjemand. Das hat also deutlich mehr Gewicht/Aussagekraft.
„Kriegen die, die keine Blogs nutzen, denn überhaupt mit, dass sie gerade einen lesen?“ -> Berechtigte Frage. Sicher nicht alle, da stimme ich dir zu. Aber ich denke doch, dass es insgesamt so wenige sind, dass es kaum ins Gewicht fällt.
Mittlerweile könnte man ja auch die Frage stellen, „Was gehört überhaupt noch zu einem Blog?“ -> Blogs sind doch so vielfältig geworden und teils quasi-Newsseiten (basicthinking.de, ich schrieb darüber) etc.
Aber im Großen und Ganzen schenke ich der Studie schon Vertrauen und halte sie für aussagekräftig. Wie gesagt: „Wie kommt diese falsche Wahrnehmung? Ich glaube vor allem weil wir selbst bloggen und in dieser Materie / Welt so tief drin sind, fällt uns gar nicht mehr auf, wie es wirklich ist.“
„Und wieso sollten leute keine Blogs (passiv) nutzen, nur weil sie nicht wissen, was das ist?“ -> Das frag die Leute! ;)
Zu Guttenberg wird ganz bestimmt in die Politik zurückkommen, die absolute Ruhe um ihn jetzt spielt ihm doch in die Karten. Auch, wenn ich ihn nicht mag, könte man gegen einen Wiedereinstieg von ihm in die Politik wenig sagen. Da sind andere schon nach ganz anderen Affären zurückgekommen.