Als der Apple-Chef Steve Jobs vor fünf Monaten die neue „Wunder-Flunder“ namens iPad in die Luft hielt, staunte die Welt. Warum eigentlich? Ist es nicht einfach nur ein weiteres Gadget auf dem Markt der Kleincomputer? Ich muss zugeben, als Jobs das flache Brett mit dem Touch-Display in die Höhe hielt und ich die ersten Fotos von diesem Augenblick im Internet sah, klappte mir schon etwas die Kinnlade herunter. Es scheint, als seien wir „Star Trek“ wieder einen großen Schritt näher gekommen.
Gestern war es auch bei mir so weit: Ich konnte das iPad zum ersten Mal in den Händen halten. Für dieses Wochenende konnte ich es mir ausleihen. Nach dem ersten Herumgetouche und Scrollen mit dem Finger auf dem Display habe ich die ersten Programme installiert. „Apps“, die man nur über den Apple-App-Store bekommt, wie jeder weiß. Das ist auch schon der erste Nachteil: das iPad ist eben „geschlossen“, die einzige Verbindung zu Dateien oder Programmen hat es über iTunes oder den Appstore. Mal eben eine Speicherkarte mit den letzten Urlaubsfotos einschieben und ansehen, ist nicht.
Auch eine Kamera vermisst man recht bald. Könnte man die Wunderflunder wie einen Fotoapparat hochhalten und filmen oder knipsen, wäre es hardwaremäßig nahezu perfekt. Immerhin hat es ein Mikrofon, Skype ist kostenlos für das iPad erhältlich, und so geht „Telefonieren“ mit dem iPad über diesen Umweg dann eben auch.
Faszinierend ist das hochaufgelöste, messerscharfe, helle Display. Fotos darauf anzusehen oder Texte im Webbrowser zu lesen, sie mit dem Finger spielerisch zu verschieben, zu drehen und zu vergrößern, hat einen hohen Fun-Faktor, der auch nach Stunden kaum nachlässt. Der aufgeschweißte Safari-Browser lässt (fast) alles zu, was das Surfer-Herz begehrt, bis auf – und dieser Mangel ist schmerzlich – Flash. Das halbe Internet basiert auf Flash-Videos, doch das iPad lässt an Videoformaten eben nur YouTube zu.
Sei’s drum, das Ansehen dieser Videos macht dann aber auch wirklich Spaß, und wer auf YouTube stöbert, hat einen Fernseher in der Hand, etwas größer als ein DIN-A5-Blatt. Ich habe mein iPad durch meine Wohnung mitgenommen und dabei einen Vortrag von Harald Lesch angesehen. Beim Abtrocknen stellt man es einfach auf den Kühlschrank und schaut weiter.
Der Safari-Browser unterstützt kein Tabbed-Browsing, und da es nur die Grundfunktionen eines Webbrowser hat, kommt natürlich kein „Opera-Feeling“ auf, aber da kann Apple ja noch nachbessern.
Ich kann insgesamt hauptsächlich das sagen, was alle Journalisten bereits angemerkt haben: Dass das iPad kein Multitasking hat, ist schade, tut dem Spaß mit dem Gerät aber keinen Abbruch. Dadurch, dass die Geschwindigkeit so hoch ist, macht es kaum etwas aus, die eine Applikationen kurz zu beenden, um schnell eine andere zu starten.
Ich habe bei meiner bisherigen eintägigen Testphase gemerkt, dass mir das iPad vor allem als Spielemaschine zusagt. Ich habe rund 10 Spiele installiert, alle kostenlos, und alle recht brauchbar, zumindest für das erste Testen. Am faszinierendsten finde ich vielleicht die Google Earth-App. Wenn man will, kippt im Fenster der Winkel zur Erdoberfläche genau so, wie man das iPad kippt. Mit zwei Fingern „fliege“ ich auf den Boden zu oder drehe mich (im wahrsten Sinne des Wortes) im Handumdrehen um einen Berg.
Panzerspiele erlauben es mir, mit meinen Fingern Armeen zu bewegen, durch Drehen des iPad steuere ich einen Rennwagen über eine Straße, und in „Adobe Ideas“ wird mein Finger zu einem Malstift. Schön ist, dass alle beliebten Applikationen des iPhone auch auf dem iPad laufen. Allerdings erscheinen sie in ihrer Originalgröße auf dem Display, wer will, kann sie doppelt so groß darstellen, dann wirken sie aber leicht pixelig.
Mein Fazit: Nachdem ich das iPad einmal in die Hand genommen habe, wollte ich es gar nicht mehr weglegen. Die Möglichkeiten sind so vielfältig, die Wege ins Netz so schön, und die Art, damit Texte zu lesen, so bequem, als wären alle Bücher und alle Computer, die es bisher gab, lediglich Vorstufen für das iPad gewesen. Es wird mir schwer fallen, wieder an einem normalen Computer mit Maus zu sitzen.
Eines allerdings vermisse ich jetzt schon: eine Tastatur. Das Tippen auf dem iPad ist nur für kurze Notizen geeigent. Aber sich wie Geordi La Forge vom Raumschiff Enterprise zu fühlen und auf einer Art Frühstücksbrett die ganze Welt zur Verfügung zu haben, wiegt dieses Manko locker auf.
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