Fällt der Begriff Nachhaltigkeit, werden die meisten Menschen sicher als erstes an erneuerbare Energien und den schonenden Umgang mit Ressourcen denken, an die Diskussionen über Elektroautos oder den Atomausstieg. Aber die Bedeutung des Wortes Nachhaltigkeit geht weit über dessen rein ökologische Komponente hinaus und schließt ebenso sowohl ökonomische als auch soziale Aspekte mit ein. Grob zusammengefasst ist Nachhaltigkeit die Frage danach, wie wir als Menschheit in Zukunft den großen globalen Problemen wie Krieg, Hunger, Rohstoffmangel etc. begegnen wollen. Denkt man da über die beiden folgenden Aussagen nach, kann einem aber angst und bange werden:
- “Unsere Gesellschaft muss viel stärker über die Wertorientierung unserer Lebensstile und über den Wert öffentlicher Dinge reden. Das ist eine kulturelle Herausforderung. Jeder einzelne von uns ist gefragt: Wir brauchen einen Streit um Werte. Welche Werte machen uns zukunftsfähig? Was macht eine zukunftsfähige Gesellschaft aus?” (Dr. Volker Hauff, Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung)
- „Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien.“ (Niklas Luhman, Soziologe und Begründer der Systemtheorie)
Eine angeregte Diskussion über unsere Zukunft ist also für unser weiteres Bestehen essentiell, sie wird aber zum größten Teil über die Massenmedien geführt und verbreitet. Das sind ja heitere Aussichten! Bild-Zeitung, RTL 2 und Co. tragen die direkte Verantwortung für unsere Zukunft. Eine Verantwortung, mit der sie momentan mehr als fahrlässig umgehen. Egal ob Männerzeitschrift, Talk-Show, Deutschland sucht den Superstar oder Big Brother: Es scheint nur noch um die schnelle Befriedigung einfachster voyeuristischer und hedonistischer Bedürfnisse ohne jeglichen Bildungswert zu gehen. Jedes Thema – sogar bei den vermeintlich seriösen RTL-Nachrichten – wird immer irgendwie auf die großen Reizthemen (Sex, Boulevard, Skandale etc.) heruntergebrochen, weil die Verantwortlichen davon ausgehen, ernste Berichte würden den Zuschauer nicht mehr interessieren (was leider häufig auch stimmt). Und wenn ich einen arbeitslosen Ex-Häftling dabei beobachte, wie er im Big Brother Container an der blonden Friseurin mit dem großen Dekolleté rumschraubt, dann hat das nicht mal Unterhaltungswert. Trotzdem wird es geschaut.
Ich sage jetzt nicht, dass gute Unterhaltung immer sinnvoll sein muss. Absolut nicht. Jeder kennt den Spruch „Lieber unter Niveau amüsiert, als über Niveau gelangweilt“; aber einen gewissen Restanspruch sollten wir uns schon bewahren. Und genau da tragen die Medien eine große Verantwortung (wenn auch eine wirkliche Veränderung nur mit einem Umdenken in den Köpfen der Rezipienten erreicht werden kann). Wie soll eine Gesellschaft, deren allnachmittägliche Beschäftigung darin besteht, absolut inhaltsleere Gerichtsshows und gestellte Doku-Soaps zu verfolgen, ein Umdenken in Punkto ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit sowie sozialer Gerechtigkeit vorantreiben, wenn der Fernseher ihr einziges Fenster zur Welt ist?
Medienkanzler meint
Was ist mit den öffentlich-rechtlichen? Die haben doch einen klaren gesellschaftlichen Auftrag, den sie meiner Meinung nach auch in weiten Teilen ausfüllen. Und die müssen nicht immer auf die Quote schielen. Dafür zahlen wir ja dann auch Rundfunkgebühren. Und auch die Print- und Online-Presse fungiert jenseits von Bild & Co immer noch als kritisches Korrektiv in unserer Gesellschaft. Die Leute, die einfach nur blöd wollen, sind dafür aber doch eh nicht zugänglich.
Wenn allerdings die Masse Blöd will, bedrohen Quoten und Auflagen als Maßstab für Erfolg die Funktion des Journalismus in unserer Gesellschaft. Und der Eindruck entsteht leider allzu oft…
Josch meint
Natürlich haben die öffentlich-rechtlichen einen Auftrag, aber die Debatte darüber, ob sie dem auch wirklich nachkommen, ist ja nicht neu (Bsp.: Die Kritik von Bundestagspräsident Norbert Lammert: http://www.welt.de/politik/deutschland/article6829954/Lammert-hadert-mit-Kartoffeln-und-Melkwettbewerb.html).
Auch „renommierte“ Zeitungen wie beispielsweise „Die Welt“ erliegen immer mehr den Reizen des Boulevards, wie wir erst vor kurzem in einem Beitrag auf juiced.de lesen konnten (https://juiced.de/welt-online-sex-sells/5390/)
Ich kann es schon nachvollziehen, dass sich die meisten Medienmacher aus wirtschaftlichen Gründen dem Quotendruck beugen müssen. Es bracuht schon einiges an Idealismus, ein Programm durchzuziehen, dass zwar das Prädikat intellektuell wertvoll verdient, aber niemanden interessiert.
Die Frage ist doch, wie macht man der breiten Masse begreiflich, dass diese Welt weitaus wichtigere Probleme hat, als die, welche Unterwäsche die Mitglieder des Königshauses tragen oder warum Lothar Matthäus Freundin 123 Jahre jünger ist als der Rekordnationalspieler. Es ist ja klar, dass wir nicht so blind, dekadent, naiv und verschwenderisch weiter leben können wie bisher. Es wird dringend Zeit, dass die Menschheit Verantwortungsbewusstsein entwickelt. Mir fallen drei Dinge ein, die meines Erachtens nach wichtig für eine Veränderung sind:
1. Es muss wieder „schick“ sein, sich zu informieren. Eine Weile war es ja uncool und streberhaft, Zeitung zu lesen oder Tagesthemen zu schauen.
2. Traurig aber wahr: Ein unmittelbarer Druck, der der Menschheit bewusst macht, dass es fünf vor zwölf ist (z.B.: Der Ölpreis steigt ins astronomische, weil die weltweiten Reserven verbraucht sind; der Rentenpott ist leer, mehr Umweltkatastophen, Seuchen, …)
3. Die Medien müssen Wissen origineller verpacken, um es der breiten Masse leichter zugänglich zu machen.
Sicher wird sich die Einstellung der Menschheit nicht vom einen auf den anderen Tag verändern. Aber irgendwann müssen wir im Kleinen damit anfangen.
JUICEDaniel meint
Danke @ Josch, klasse Kommentar. Applaus insbesondere für dieses Zitat
Kleine Anmerkung: Die wahre Ursache für den angestiegenen Ölpreis ist eine ganz andere und nicht etwa „weil die weltweiten Reserven verbraucht sind“. Auch wird letzteres in absehbarer Zeit gar nicht passieren, da ständig neue Ölfelder erschlossen werden. (Und mit Rapsfeldern etc. wird immer mehr auf andere Weise kompensiert, wobei mich dazu auch genaue Zahlen interessieren würden) Aber das ist ein ganz anderes Thema (nicht minder spannend, weil die Medien hier oftmals versagen und sich auf die Panikmache nur allzu leicht einlassen, da sich dramatische Schlagzeilen schließlich sehr gut verkaufen ;) ).
Steffan meint
Ich persöhnlich schaue auch keine Niveau losen sendungen wie Big Brother oder DSDS, und das die Nachrichten heutzutage Sexsels benutzen wissen wir doch auch schon alle(: aber selber lache ich auch lieber bei unter Niveau sendungen xD
marco meint
Ich schaue auch kein BB. Ich hasse das sogar.