„Warum willst du denn noch eine Zeitschrift konzipieren?“ wurde ich im Vorfeld meiner Diplomarbeit immer wieder gefragt. „Es gibt doch schon so viele.“ Stimmt. Aber wenige, die für Digital Natives auf der Suche nach einer brauchbaren Spiegel-Alternative in Frage kommen. Zu wenige.
Der Reihe nach: Mein Name ist Daniel, ich bin 25 Jahre alt, studiere Online-Journalismus im achten und letzten Semester und verdiene mein Taschengeld durch das Erstellen von Webseiten und Schreiben von Artikeln. In Berührung mit dem Internet kam ich das erste Mal im Alter von ungefähr 10 Jahren (habe damals nicht so genau darauf geachtet), meine erste Webseite hatte ich mit 14. Auf Facebook war ich bis 2011 insgesamt dreimal angemeldet, auf Twitter habe ich seit März 2010 stolze 3.700 Tweets hinterlassen. Vor der Social Web-Ära habe ich eine fünfstellige Zahl an Forenbeiträgen verfasst – zum großen Teil auch in eigenen Foren – und über 20 Domains reserviert, von denen die wenigsten in eine Webseite mündeten.
Computerspiele habe ich zum ersten Mal im Alter von 7 gespielt, damals noch mit 5,25″-Disketten und Windows 3.1. Später verlagerten sich die Spiele ins Netz, erste Clans wurden gegründet und LAN-Partys waren angesagt wie nie.
Parallel dazu explodierten die Tauschbörsen im Netz. Napster, eMule und Kazaa waren bekannte Namen und ersetzen den CD-Handel auf dem Pausenhof. Instant Messaging-Programme wie ICQ gehörten auf jeden Rechner und YouTube kannten Anfang 2005 nur wahre Nerds. Ich war einer von ihnen: ein waschechter Digital Native.
Warum ich euch das erzähle? Damit ihr folgende Entwicklung besser nachvollziehen könnt: Ich bin in einer Familie ohne Tageszeitung – bis auf zahlreiche Testabos zwischendurch – aufgewachsen. Auch Zeitschriften gab es nur hin und wieder, meist Spiegel und Focus. Tagesaktuelle Nachrichten haben für mein Leben daher nie eine besonders große Rolle gespielt – und schon gar nicht in gedruckter Form. Bücher hingegen habe ich verschlungen, ganze Bibliotheken leergelesen und im Laufe der Jahre das Haus mit Romanen und weiteren Wälzern gefüllt.
Ich habe keine Notwendigkeit darin gesehen, täglich Zeitung zu lesen oder eine Wochenzeitschrift zu abonnieren. Als ich dann 2009 meine erste Wochenzeitschrift – den Spiegel – abonnierte, fing meine Zuneigung zu Print allmählich an zu wachsen. Doch schnell ging mir der immergleiche Nörgel- und Besserwisser-Tenor des Spiegels auf den Geist und so war ich zwölf Monate später heilfroh darüber, als das Abo auslief. Ich hatte es ohnehin nur wegen der kostenlosen Office 2007-Dreingabe bestellt.
Was nun? In den darauffolgenden Wochen abonnierte ich mir zunächst den Journalist (eine Fachzeitschrift für Journalisten), die Nischenmagazine FROH! und oora und lernte das außergewöhnliche Magazin Dummy kennen und schätzen. Kurze Zeit später reihten sich nach meinem halbjährigen Auslandspraktikum auf den Philippinen die englischsprachigen Wochenzeitschriften Time und Newsweek dazu und das geekig anmutende Magazin Business Punk konnte mich an den Bahnhofsbuchhandlungen immer wieder aufs Neue überzeugen (im Gegensatz zur deutschen Wired).
Zwischendurch lagen auch GEO und Zeit-Ausgaben in meinem Zimmer, gemischt mit vielen Fachzeitschriften über Fotografie, eine weitere große Leidenschaft von mir. Ganz selten las ich auch eine Ausgabe des Stern (meist in Wartezimmern von Arztpraxen) oder Neon, dem Ableger für Jüngere (mit erfundenen Interviews).
Bei all den Magazinen und meiner zunehmenden Liebe zu Print(journalismus) vermisste ich vor allem eins: ein deutschsprachiges Pendant zu Time oder Newsweek. Oder in anderen Worten: eine brauchbare Alternative zum Spiegel (Und nein, Focus ist es nicht!).
Während dieser Zeit wurde der Grabgesang auf (deutsche) Printmedien à la „In fünf Jahren ist Print tot“ immer größer und erreichte mit dem Niedergang einiger weniger lokaler Tageszeitungen aus den USA 2009 seinen vorläufigen Höhepunkt. Das ärgerte mich irgendwie. Zum einen ärgerte mich die undifferenzierte Sichtweise und Berichterstattung der vermeintlichen Medienexperten, die überregionale und lokale Tageszeitungen mit den Zeitschriften in einen Topf schmissen und „Print“ den baldigen Tod prophezeiten. Zum anderen ärgerte es mich, dass man nicht an eine Zukunft von Printmedien glaubte – oder gar dem Wahn verfallen war, die Zukunft des Journalismus auf das Internet und die iTablets beschränken zu wollen.
Annette König meint
Lieber Daniel,
als langjährige Redakteurin für deutsche Lifestyle-Magazine (aber auch ZEIT, GEO u.a.) mache ich mit den Studenten am Campus M21 in München (Mode-, Marken- und Medienmanagement) ein Seminar, in dem wir gemeinsam ein Magazin entwickeln. Gerne würde ich Ihnen „shift“ präsentieren. Wärst Du so nett, mir ein Print-Exemplar zukommen zu lassen?
Danke!
Annette König
Siegfriedstr. 6
80803 München