Über 1.100 Blogartikel, über 2.300 Bilder: In fünfeinhalb Jahren hat JUICED nicht nur jede Menge Texte veröffentlicht, sondern diese auch mit im Schnitt rund zwei Bildern pro Artikel angereichert. Klein schlechter Wert, wenn man bedenkt, dass JUICED noch nie auch nur einen Cent für die Bilder ausgegeben hat. Eigene Fotos, Grafiken und Creative Commons machen’s möglich!
Mit der weltgrößten Bildagentur Getty Images gibt es nun eine weitere Möglichkeit an Bildmaterial zu kommen. Und nicht nur irgendein Bildmaterial: Wir reden hier von Bildern, die bei Spiegel Online und Co. zum Einsatz kommen. Also qualitativ hochwertige Bilder, die uns Bloggern bislang nicht oder nur selten zur Verfügung standen. Wow!
Dadurch ergeben sich völlig neue Möglichkeiten. Dieser Schritt von Getty Images darf getrost als revolutionär in Sachen Internetnutzung und Bildrechte betrachtet werden. Denn jetzt können sich Blogger endlich auf Augenhöhe mit den großen Medienplayern bewegen und zeigen, was sie wirklich drauf haben. Handbremse lösen und Vollgas… oder?
Nicht auf JUICED. Denn das Prinzip hinter Getty Images birgt auch seine Schattenseiten. Zunächst einmal sollte uns klar sein, dass die ausgewählten Bilder (derzeit 12,8 Mio.) von Getty Images lediglich per Embed-Code à la YouTube-Videos eingebunden werden können. Seitens Getty Images ist das in mehrfacher Hinsicht ein intelligenter Schachzug. Ein Schachzug, der auf den ersten Blick nach einer zeitgemäßen Entscheidung aussieht. Diese Entscheidung hat aber auch ihren Preis – und den bezahlen die Nutzer!
Die Bilder sind nur geborgt
Die Bilder sind nur geborgt, würde Sascha Lobo jetzt vermutlich sagen. Und er hat Recht. Wir hingegen haben dann keine Rechte mehr an dem eingebetteten Bild; höchstens das temporäre Recht, es einzubinden. Aber sollte Getty Images das Bild plötzlich entfernen, ersetzen oder durch Werbung ergänzen, müssen wir das hinnehmen. Friss oder stirb.
Keine Kontrolle mehr über die Bilder zu haben, gefällt mir nicht. Weder wie lange sie angezeigt werden, noch was darin angezeigt (werden) wird. Es passt zwar wunderbar in die digitale Wegwerfgesellschaft („Alles im Überfluss und nach mir die Sintflut“) – aber das ist nicht, worauf wir hier bei JUICED setzen. Es reicht schon, dass zahlreiche YouTube-Videos, die wir auf unserem Blog eingebunden haben, mittlerweile nicht mehr existieren. Von wegen „Das Internet vergisst nie“!
Ihr glaubt gar nicht, wie viele 404-Error-Links ich in den 1.100 JUICED-Artikeln durch das kostenlose WordPress-Plugin Broken Link Checker bereits ausfindig gemacht und entfernt habe. Insgesamt gibt es derzeit über 8.100 Links auf JUICED. Schätzungsweise 500-800 habe ich im Laufe der Jahre wieder entfernen müssen, weil der verlinkte Inhalt mittlerweile verschwunden ist. Das Netz ist bei weitem nicht so langlebig, wie es manche glauben. Es gibt halt nur ständig so viel Neues, dass wir vergessen, was es mal gab. Wir vergessen, dass es vor Spritz Spreeder gab. Und wir vergessen, dass es vor Getty Images‘ Embed-Entscheidung das WordPress-Plugin PicApp gab, das genau die gleiche Funktion schon 2010 angeboten hat.1 Der Nutzer frankpereiro zeigt in seiner Supportanfrage im offiziellen WordPress-Forum ganz gut, was passiert, wenn man sein Blog auf Sand baut.
Kurzum: Der Vorteil plötzlich schicke Bilder verwenden zu können, wiegt die Nachteile aus meiner Sicht nicht auf. Die Risiken und Ungewissheiten durch eine mögliche Benutzung von Getty-Images-Bildmaterial sind zu groß. Denn es ist für uns nur schwer absehbar, wie Getty Images in Zukunft vorgehen wird.
und dann erst wir abgemahnt :D RT @juicedaniel: “Getty lässt Euch seine Bilder jetzt kostenlos nutzen” http://t.co/DamhUH198d
— Droid Boy (@boydroid) March 6, 2014
Für alle Unschlüssigen die Key-Facts im Überblick
Was?
Getty Images erlaubt es uns Bloggern, seine Bilder umsonst zu verwenden.
Wie?
Die Bilder kann man jedoch nicht herunterladen, sondern lediglich wie ein YouTube-Video einbinden.
Bedingung?
In der automatisch erzeugten Bildunterschrift werden die Quelle und Share-Buttons angezeigt.
Warum?
Craig Peters, Business Developer bei Getty Images: „Our content was everywhere already.” Daher wollen sie auf diesem neuen Weg in Zukunft Geld durch Werbung in den eingebauten Bildern verdienen, wofür eine möglichst hohe Reichweite notwendig ist.
Werbung???
Ja klar. Was dachtet ihr denn? Das heute schon Weihnachten ist?!!
Warum noch?
Bisher war es für Getty Images nicht möglich, alle unerlaubt verwendeten Bilder von allen Webseiten gleichzeitig zu löschen. Mit der Embed-Lösung ist das ab sofort kein Problem mehr.
Das bedeutet?
Wenn Getty Images beispielsweise selbst keine Rechte mehr an ausgewählten Bildern hat, löschen sie die entsprechenden Bilder einfach über Nacht und hinterlassen anstelle des Bildes gähnende Leere – oder womöglich eine Werbeanzeige.
Geht’s noch?
Es kommt noch besser: Getty Images bekommt durch die Embed-Methode jede Menge Daten von den Nutzern. Big data, baby! Und natürlich behält sich die Agentur vor, diese Daten auszuwerten. Was auch immer das heißt… 2
Und jetzt?
Ich würde sagen: Finger weg! Hier sind zu viele unbekannte Komponenten im dem Spiel. Das professionelle und umfangreiche Bildangebot ist zwar verlockend. Aber dank Creative Commons (Flickr, Wikipedia, …), eigenen Fotos und selbsterstellten Grafiken (Canva) ist die Notwendigkeit glücklicherweise auch nicht unbedingt vorhanden.
Zu guter Letzt noch ein paar lesenswerte Stimmen der überwiegend empörten und skeptischen Internetnutzer:
(via)- Die Domain der PicApp-Webseite lässt sich passenderweise nicht mehr aufrufen und steht anscheinend zum Verkauf. Der letzte Tweet des PicApp-Twitteraccounts ist von April 2011. ↵
- Im Detail: „Getty Images (oder von Getty Images beauftragte Dritte) sind berechtigt, Daten im Zusammenhang mit der Nutzung des eingebetteten Viewers und eingebetteter Getty Images-Inhalte zu erfassen, und behält sich das Recht vor, im eingebetteten Viewer Werbung anzuzeigen oder seine Nutzung anderweitig kommerziell auszuwerten, ohne Sie hierfür zu entschädigen.“ ↵
Thomas meint
Hallo Daniel,
ich begrüße Ihre Entscheidung wenn auch aus etwas anderen Gründen:
Denkt überhaupt auch mal jemand an die Fotografen die damit ihren Unterhalt verdienen ? Ich finde es ehrlich gesagt unverschämt was da Getty Images macht. Ich bin selbst Stockfotograf und verdiene damit meine Geld.
Überall muss man für eine Leistung und für Ware bezahlen – aber hochwertige Fotos soll man umsonst bekommen ? Das nächste mal gehe ich zum Bäcker und sage, das ich mein Brot nur zum Anschauen mitnehmen möchte aber nichts dafür bezahle. Was sagt dann wohl die Verkäuferin zu mir ? Vermutlich ob ich noch richtig im Kopf bin ! Nur einer hat hier einen Nutzen von diesem neuen Konzept: Getty Images.
Ich hoffe das alles Fotografen beim Getty Images ihren Content löschen. Meiner Meinung nach wird hier das Urheberrecht ausgehebelt. Mal sehen wie lange es dauert bis es zur ersten Klage kommt.
Grüße
Thomas
JUICEDaniel meint
Hallo Thomas,
vielen Dank für deinen Kommentar. Das ist in der Tat eine Facette, an die bisher weder in den Kommentaren bei anderen Beiträgen (die ich gelesen habe) noch in diesem Beitrag erwähnt wurde. Ich hatte tatsächlich mal ganz kurz daran gedacht, aber es beim Schreiben wieder vergessen zu erwähnen. Von daher herzlichen Dank für deine wertvolle Ergänzung.
Getty Images könnte es halt wie YouTube versuchen: Sobald sie anfangen, Werbung einzublenden (auch so ein Ding, das bei vielen gar nicht rechtlich erlaubt ist in Kombination mit anderer Werbung oder Sponsoren!) und ein Fotograf einen gewisse Reichweite hat, könnte der Fotograf anteilig davon entlohnt werden – und dann am Ende vielleicht sogar mehr bekommen als ursprünglich (so die mögliche Argumentation von Getty Images). Es ist clever, es ist zeitgemäß – aber es profitiert dabei vor allem… Getty.
JUICEDaniel meint
Ich bin gerade über einen weiteren Grund gestolpert, wieso der Einsatz Getty Images nachteilig sein könnte:
Wer also eine responsive-optimierte Seite hat (was bei JUICED der Fall ist), könnte sich mit eingebundenen Bildern von Getty Images das Layout zerschießen.