In den vergangenen Wochen habe ich endlich Band 2 und 3 der Hunger Games-Trilogie von Suzanne Collins gelesen. Das sind insgesamt immerhin 935 Seiten (englischsprachige Ausgabe), also rund 200 mehr als „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ auf Deutsch.
Apropos Harry Potter (HP) vs. Hunger Games: Auf Amazon.com hat Collins Trilogie HP mittlerweile abgehängt. Das ist aber weniger überraschend, wenn man bedenkt, dass die erste Ausgabe von HP bereits 1997 (UK) erschienen ist. Beachtlich ist es dennoch, da es lediglich drei Hunger Games-Bücher sind, die die sieben nach wie vor beliebten HP-Bücher überholt haben.
Zurück zu Hunger Games: Band 2 heißt Catching Fire (dt. Gefährliche Liebe) und erzählt von der unfreiwilligen Rückkehr Katniss Everdeens und ihres Lovers Peeta in die grausamen Hungerspiele. Die erste Hälfte des Bands ist stellenweise etwas langatmig, gegen Ende wird es dafür umso spannender. Leider endet das Buch für meinen Geschmack deutlich zu abrupt1 und zwingt den Leser fast schon dazu, Band 3 zu kaufen.
Ergo habe ich kurz darauf Band 3 mit dem Titel Mockingjay (dt. Flammender Zorn) gelesen und wurde nicht enttäuscht: Der letzte Teil der Hunger Games-Trilogie nimmt deutlich schneller Fahrt auf und dreht sich endlich mal nicht um die Hungerspiele. Das Ende finde ich zwar gelinde gesagt etwas flach, aber darüber kann ich aufgrund der überwiegend packenden Handlung in den 400 Seiten zuvor großzügig hinweg sehen.
Die große Stärke der Hunger Games-Trilogie ist meiner Meinung nach, dass die Handlung größtenteils nicht vorhersehbar ist. Ich habe mich zwar häufiger dabei ertappt, mir zu überlegen, was die Autorin wohl als nächstes passieren lässt (und einige Male hat es auch gestimmt!), aber insgesamt gab es genug Überraschungen, die die Spannung aufrecht erhalten haben.
Weniger gelungen fand ich die Ausarbeitung der Charaktere. Mit Katniss Everdeen, dem Hauptcharakter, wurde ich die ganze Serie hindurch nicht richtig warm. Wie sie ständig liebestechnisch zwischen zwei Typen hin- und herspringt, das hat mich einfach nur genervt. Man könnte ihr zugutehalten, dass sie ja erst 16 Jahre alt ist. Aber in meinen Augen ist das nur ein weiterer Minuspunkt. Denn: Für ihr junges Alter erlebt sie unglaublich viel und springt dem Tod zig Mal von der Schippe. Was man bei Harry Potter problemlos abnimmt, wirkt bei Katniss an manchen Stellen etwas unglaubwürdig. Hier merkt man, dass die Charaktere von Hunger Games nicht ganz so ausgefeilt sind wie die von HP.
Handlung top, Charaktere flop – und die Moral von der Geschicht? Bei Hunger Games ist nicht das Ziel (sprich: das Ende) entscheidend, sondern der Weg. Die Autorin will uns damit sagen, dass unsere Gesellschaft auf dem besten Wege ist, sich zu solch einer Gesellschaft zu entwickeln, wie im Buch dargestellt. Brot und Spiele2 halten die Menschen zunehmend bei Laune; Politik und Wirtschaft hingegen werden immer unverständlicher und unattraktiver. Ob diese warnende Botschaft den Massen an Lesern jedoch bewusst wird, ist ein anderes Kapitel. Denn für viele dürften die Hunger Games einfach eine kurzweilige Zeit mit viel (Hunger)Spiel, Spaß und Spannung sein. Wobei der Spaßfaktor dabei definitiv zu kurz kommt. Überzeugend ist die Trilogie insgesamt aber trotzdem, überragend jedoch nicht.
Bild: Oettinger Verlag
- Das war schon beim ersten Buch so, siehe „The Hunger Games: Faszination Wildnis“. ↵
- Daher heißt der Staat auch „Panem“, der die die jährlichen „Hungerspiele“ ausrichtet. Kurzum: Panem et circenses (Brot und Zirkusspiele). ↵
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