Oder: Wieso ich aus Google einfach nicht schlau werde.
So ganz nebenbei lese ich eine kleine „Sensation“ auf Welt Online. Beim Artikel zu den wichtigsten Trends der Computermesse Cebit, die derzeit in Hannover stattfindet, steht unter dem zweiten Bild der dazugehörigen Bildergalerie ganz beiläufig:
Neben Windows 7 soll auch das Google-Betriebssystem Android auf den neuen Netbooks zum Einsatz kommen.
Oha. Mich jedenfalls lässt das stutzig werden. Habe ich was verpasst? Erst im Dezember hagelte es Kritik an meiner Behauptung Googles Native Client könne der Prototyp ihres Betriebssystems sein. Basti (alias nTm):
Warum bist du immer so Google-Feinldlich?
Heimlich, still und leise
Und dabei habe ich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr gesehen, wie es mir scheint. Das Handy-Betriebssystem Android wird einfach auf das Netbook transportiert, natürlich! Wieso bin ich da nicht schon früher drauf gekommen? Der nächste Schritt zu den normalen Laptops dürfte da nur ein kleiner sein. Vielleicht nicht unbedingt mit Android, aber es dürfte der perfekte Vorwand Grund sein, ein eigenes Betriebssystem zu entwickeln. Wenn sie das nicht eh schon tun. Google Desktop, Google Analytics, Google Chrome – nichts entgeht Google, alles wird gespeichert. Alles? Keiner weiß genau was, wo und wie lange. Der Gegenbeweis? Unmöglich. Google Chrome offenbarte die Ideologie, die hinter Google Inc. zu stecken scheint. Nicht auszumalen, wie ihr Betriebssystem sein würde. Aber: alles Spekulationen. Doch es geht schnell. Sehr schnell. Und leise. Schleichend. Kaum einer merkt es, kaum einen stört es. Den Schritt zum eigenen Handy-Betriebssystem (sicher dem Betriebssystem mit den größten Wachstumschancen und besten Zukunftsaussichten) hätte wohl auch niemand so schnell erwartet. Und den zum Netbook erst recht nicht. Native Client ist also erst einmal Zukunftsmusik und für das erste Google-eigene Betriebssystem auf einem Notebook oder Desktop-PC gar nicht einmal mehr zwingend notwendig. Noch nicht.
Wie gut nur, dass Google nicht „evil“ ist und sich gleich mal einer Klage gegen Rivale Microsoft angeschlossen hat. Und dass sie immer wieder die Entwicklung eines Betriebssystems dementiert haben. Erst kürzlich sagte das auch Google-Mitarbeiterin Marissa Mayer. Widerspricht sich das nicht (fast schon)? Denn die Unterschiede zwischen Netbooks und Notebooks sind zunehmend geringer – und werden vermutlich irgendwann mal verschmelzen. Erste teure Netbooks mit viel Ausstattung sind schon lange angekündigt worden. Überraschend ist das jedenfalls nicht.
Warten wir ab, wie sich das ganze weiter entwickelt. Aber genau das stört mich daran – das abwarten und nichts tun. Eigentlich könnten wir doch was tun, oder? Wir leben doch schließlich im aufgeklärten 21. Jahrhundert und haben die verschiedensten Möglichkeiten, uns zu bilden und informieren und zu handeln. Anscheinend werden diese Möglichkeiten nicht ausreichend genutzt. Oder ist das alles nur halb so wild und wir sollten Google lieber dankbar sein, dass sie es mit Microsoft aufnehmen wollen? Mir jedenfalls kommen diese Entwicklungen so schnell vor, dass es mir schwer fällt, sie zu registrieren – man gerät zunehmend in Gefahr, in der digitalen Datenflut zu ertrinken. Vor lauter Reizen den Überblick nicht zu verlieren und die wesentlichen und wichtigen Nachrichten herauszufiltern wird zunehmend schwerer. Stichwort Medienkompetenz. Aber das ist ein anderes Thema. Zurück zu Android: Ich halte es für einen genialen Marketingschachzug, um einen (Medien-)Aufschrei, Google sei böse, zu verhindern. Was meint ihr?
RRReissdorf meint
wieso ist das BS auf Netbooks eine Sensation?
ich würd sagen das ist der logische Schritt.
und das schöne ist ja:
es MUSS niemand nutzen, genausowenig wie alle anderen goooooooooogle Services.
allerdings muss man Alternativen kennen, aber das ist, wie du selbst schreibst (Medienkompetenz!), ein anderes Thema.
JUICEDaniel meint
Einerseits ist es eine Sensation in Anführungszeichen, andererseits ist es, ja, der logische Schritt. Sensation deshalb, weil Google selbst immer bestritten hat, ein Betriebssystem für den PC herauszubringen. Google wird sicher sagen: „Wir haben lediglich gesagt, dass wir keines explizit für den PC entwickelt haben, aber nie, dass es nicht doch mal, hups, so nebenbei passieren könnte.“
Und was bitte ist daran schön? Es muss niemand nutzen, ja. Aber viele werden es nutzen – würden es aber vermutlich niemals, wüssten sie wirklich, WAS sie da nutzen und tun. Medienkompetenz! Genau deswegen sollte man vorher aufklären – hinterher ist es zu spät. Niemand kann die Folgen genau abschätzen, aber rein logisch betrachtet sind Monopole immer schlecht und gefährlich. Und Wissensmonopole ganz besonders! Oder habe ich da einen Denkfehler?
RRReissdorf meint
nö.
eigentlich sind wir uns da ziemlich einig.
das Problem ist halt dass die Nutzer wissen müssen was sie da nutzen und was mit den anfallenden Daten gemacht wird.
weisst du das übrigens bei M$ ?
oder nutzt du ein Linux System?
JUICEDaniel meint
Wer weiß das schon so genau? (bei MS)
Allerdings ist mir nicht bekannt, dass jeder Tastenanschlag bei MS genaustens mitprotokolliert wird. Und einige Dienste habe ich natürlich gleich deaktiviert. Das Schöne daran: Es gibt so viele (wirklich viele!) MS-Hasser/Feinde, dass die alles dransetzen, alle Schwachstellen aufzudecken. Dadurch weiß man eher, wo die Sicherheitslücken und Schwachstellen liegen.
Aber im Grunde geht es MIR um etwas ganz anderes: Google weiß einfach zu viel über uns.
Beispiel: Amazon kennt nur deine Shopping-Gewohnheiten im Web, Microsoft vielleicht welche Programme du benutzt(?), web.de deine Mails, studiVZ deine Freunde etc. Die Infos sind breit gefächert. Bei ganz vielen verschiedenen Anbietern und Dienstleistern.
Aber Google weiß mit seinen zahlreichen Diensten (siehe http://www.juiced.de/blog/2008/12/11/was-weis-google-alles-uber-dich/ ) viel mehr über dich – meiner Meinung nach ZU viel. Und ein Betriebssystem von Google würde das nicht verbessern.
Microsoft hat vielleicht ein gewisses Monopol auf Windows, MS Office und IE, Google aber bald auf Wissen (und jetzt schon bei Suchmaschine) – auch bei Handy-Betriebssystem, Videos, … mehr und mehr. Und durch ihre kostenlosen Dienste wie „Text und Tabellen“ wollen sie sicher MS Office streitig machen (langfristig), bieten es kostenlos an (gewissermaßen fast schon wettbewerbsverzerrung, aber das ist wieder ein ganz anderes Thema).
Und da „Wissen“ bekanntlich „Macht“ ist, macht es mir mehr aus, dass Google so viel über mich weiß als Microsofts überteuerte fehlerhafte Produkte, die mich aber nicht gleich komplett ausspionieren (oder ausziehen wollen), sondern mir nur mein Geld aus der Tasche ziehen (wollen).
Andreas meint
Es gibt ja mittlerweile auch eine von der Kubanischen „Regierung“ modifizierte Linux-Version^^
Aber was Skynet.. äh… Google angeht. Ja, schon krass. Aber wem gehört was und wer entscheidet was? Ein Unternehmen ist ja kein homogenes Gebilde. Stichwort (wollte erst ein Hashtag machen) Binnenpluralität
JUICEDaniel meint
Was genau meinst du mit „Wem gehört was und wer entscheidet was?“?