Ello heißt das neueste heiße soziale Netzwerk am digitalen Sternenhimmel. Ein Facebook-Killer? Bloß nicht. Ein Twitter-Nachfolger? Auch nicht. Was dann? Keine Ahnung.
Ich finde es unheimlich spannend, „the next big thing“ zu entdecken. Von Anfang an mit dabei zu sein. Einer der ersten zu sein, der etwas Neues testen darf. Einen Invite für eine Closed-Beta zu haben. So auch bei Ello. Das Nerdmagazin t3n berichtete über das neue soziale Netzwerk mit dem vielversprechenden Titel „Ist Ello das Soziale Netzwerk der Zukunft?“.
Also habe ich mir wenige Stunden später schnell einen Invite ergattert (Vielen Dank an @Wissenssucher für den Invite und @trotzendorff für die Bereitschaft) und mir das Ding mal von innen angeschaut. In drei Worten? Schick, minimalistisch, leer. In der Reihenfolge.
Im Gegensatz zu anderen Netzwerken verspricht Ello, uns nicht zu tracken und unsere Daten an die Werbeindustrie zu verkaufen. Datenschutz und echte Transparenz sei den Machern wichtig. Das klingt zunächst einmal sehr sympathisch. Geld will man mit anderen zusätzlichen Features verdienen – welche, steht noch nicht fest.
Wie viel Geld die Macher haben, woher sie das Geld haben, wer die Macher eigentlich sind, was sie vorher gemacht haben, ob sie vertrauenswürdig sind: keine wenig Ahnung. Wenn wir das für einen Moment außen vor lassen, stellt sich die nächste Frage: Was sind denn die anderen Vorteile von Ello?
Hier fällt mir ehrlich gesagt nichts Nennenswertes ein. Die Unterteilung in „Friends“ und „Noise“ ist nett, aber weder revolutionär noch evolutionär. Twitter hat Listen, Google+ hat Circles – und zwar so viele man will und benannt wie man will. Dafür sieht Ello tatsächlich sehr schick aus und schafft es, gleichzeitig modern und retromäßig daherzukommen. Das gefällt mir.
Doch was die Funktionen anbelangt, ist Ello so clean, dass es mir schon ZU minimalistisch ist. Essenzielle Funktionen wie „Antworten“, „Retweeten“, „Favorisieren“ oder das Nachlesen, wer worauf geantwortet hat bzw. worauf die Antwort bezogen war, sind noch nicht integriert. Da sollen in den kommenden Wochen noch jede Menge dieser Funktionen kommen – aus meiner Sicht hätten sie schon von Anfang an dabei sein müssen. Denn so kann mich Ello nicht überzeugen, nicht begeistern, nicht behalten.
Aus meiner Sicht ist Ello ein Musterbeispiel an Lean Startup-Philosophie: Baue ein MVP (Minimal funktionsfähiges Produkt), schmeiß es auf den Markt und schau, wie die Leute es finden. Verbessere das MVP daraufhin, teste erneut, hol dir Feedback ein und so weiter… Und was soll ich sagen? Der anfängliche Run auf Ello ist tatsächlich beachtlich, das Interesse an diesem neuen Netzwerk ziemlich groß.
Aber spätestens jetzt sollten die eingefleischten Nerds unter euch sich an ADN – allen anderen auch als App.net bekannt – erinnern. Auch dort war das Interesse anfangs groß, schaffte es aber nicht, über die Nerdwelle hinaus bekannt zu werden. Heute siecht das Netzwerk vor sich hin, eine Besserung ist da nicht in Sicht (korrigiert mich, wenn ich mich irren sollte!).
„Auf Ello können wir Geeks endlich wieder unter uns sein, Twitter ist eh viel zu Mainstream geworden“, twitterte heute jemand sinngemäß. Das Problem: Ello ist nicht als Nerdnetzwerk konzipiert, sondern als Massennetzwerk. Behaupte ich jetzt einfach mal (korrigiert mich, wenn ihr mehr wisst). Ello wird also nur dann weiterentwickelt werden, wenn es auch weiter wächst, so meine These. Investoren beispielsweise – die notwendig werden, btw. – interessieren sich vor allem für schnelles und steiles Wachstum bzw. möglichst hohe Skalierbarkeit.
Ello ist daher bestimmt auch ein Versuch, um zu testen, wie wichtig den Normalos da draußen Datenschutz und Transparenz mittlerweile ist. Wichtig genug = Wirtschaftlich genug? Wenn der Markt ausreichend groß ist, wird weiter investiert, entwickelt und expandiert. Wenn nicht: Gute Nacht.
Mein Hauptproblem mit Ello: Ein Teil der digitalen Kommunikation verschiebt und verstreut sich von Twitter, Facebook, YouTube, Google+, Tumblr und Medium zu Ello. Aber ich weiß nicht, was der große Vorteil davon sein soll. Schließlich geht es bei diesen Plattformen, Tools und Netzwerken darum, uns die Kommunikation zu erleichtern, das Vernetzen zu verbessern und das Erstellen von Inhalten zu vereinfachen. Wo WordPress manchen zu überladen ist, ist Tumblr simpler und Medium schicker. Wo Facebook zu irrelevant und redundant geworden ist, ist Twitter kurz und prägnant. Aber welche Lücke füllt Ello? Die Datenschutz- Transparent-Lücke? Sorry, aber das ist mir zu wenig.
Versteht mich nicht falsch: Mir ist Datenschutz und Transparenz sehr wichtig. Und ich habe gar nichts dagegen, wenn wir jetzt plötzlich „alle“ von X zu Ello wandern. Nur glaube ich nicht, dass das passieren wird. Dafür ist Ello nicht zwingend genug, um den Mainstream-User zu einem Wechsel überzeugen. Wetten, dass..?!
Ich werde Ello trotzdem weiterhin verfolgen und immer mal wieder vorbeischauen. Aber in der Zwischenzeit bleibe ich weiter vornehmlich bei Twitter und Tumblr aktiv, den beiden sozialen Netzwerken meiner Wahl.
Wer einen Invite möchte und sich ein eigenes Bild von dem neuen sozialen Netzwerk machen will, kann gerne einen Kommentar hinterlassen. First come, first serve.
PS: Das Ello-Manifest ist zwar nett, überzeugt mich aber nicht wirklich. Egal ob Google, Facebook oder Ello: Sie alle wollen (und müssen) am Ende des Tages mit ihrem Zeugs Geld verdienen. Je mehr, desto besser.
Torsten meint
Datenschutz (und Transparenz) interessiert doch heutzutage wirklich „keine Sau“ (zumindest nicht die Masse). Passend dazu: Whatsapp verkündet 600 Mio aktive Nutzer (auf der Newsseite deiner Wahl)
JUICEDaniel meint
Ja, das ist wirklich sehr passend. Threema beispielsweise hat zwar stark zugelegt, aber insgesamt immer noch auf relativ niedrigem Niveau. (Immerhin soll da bald endlich mal die Windows Phone-App kommen, längst überfällig – aber auch nicht der Gamechanger.)
Finn meint
Danke für den Bericht, schön geschrieben. Es gab in der Vergangenheit ja immer mal wieder den Versuch, ein neues Netzwerk zu ethabliere, was dem Thema Datenschutz irgendwie gerecht werden wollte – mal schauen, ob ello das besser hin bekommt; die Zeit ist auf jeden Fall passend dafür. Magst du mir ein invite schicken? VG
JUICEDaniel meint
Invite ist raus :)
Christoph meint
Liegt es nicht in der Natur einer Closed-Beta-Version, dass Features am Anfang eben noch nicht dabei sind, sondern im Lauf der folgenden Zeit dazukommen? Alles was nicht funktioniert oder noch fehlt wird gerade ausgemacht, während das System schon benutzt wird. Als User ist man da eher Testperson als Konsument, was sich in der Erwartungshaltung auch widerspiegeln sollte.
JUICEDaniel meint
Mag sein. Dann bin ich eben kein Fan von Closed Betas, wenn man dort nur halbfertige Produkte vorfindet und lediglich als Testperson fungiert.
Bei Myspace (Relaunch!) jedenfalls war das völlig anders: Ich konnte schon Musik hören, Playlists zusammen stellen und und und. Da funktionierte schon richtig viel, sodass sich im Vergleich zur heutigen Version gar nicht mehr so viel verändert hat. Ich fand Myspace gelungen und habe auch entsprechend ausführlich darüber gebloggt.
Bei Ello gibt’s da einfach noch deutlich weniger zu erzählen, aus meiner Sicht ist es nicht zwingend genug, ich sehe nicht, welche Lücke Ello schließen will (was es sein will, wo es hin will, was der Mehrwert ist).
Christoph meint
Letzten Endes entscheidet ja jeder Entwickler selbst, wann er den Zeitpunkt für die Beta-Phase gekommen sieht. Die Leute bei Myspace haben für dich den richtigen Zeitpunkt erwischt, die von Ello nicht. Das nächste Produkt wird vielleicht wieder eine passendere Beta vorlegen. Et kütt wie et kütt.
Was die Lücke angeht, die Ello füllen soll, bleibt es wohl bei dem Datenschutz-Ding. Werbefreies Netzwerk mit unverkauften User-Daten: Mehr Mehrwert gibt es da auf den ersten Blick nicht zu holen. Das ist für diejenigen, denen etwas an diesem Thema liegt, aber schonmal eine ganze Menge.
JUICEDaniel meint
Wie gesagt: Meine Vermutung ist, dass das Datenschutz-Ding zu wenig sein wird, um (ausreichend hohen) Erfolg zu haben. Torsten (erster Kommentar) sieht das genauso. Ich wünschte, es wäre anders – aber ich versuche, das ganz nüchtern zu betrachten. Zumal es aus Sicht vieler Nutzer kein Vorteil ist, wenn dann noch tolle Funktionen lediglich kostenpflichtig angeboten werden. Facebook & Co. scheinen für sie nun mal nach wie vor kostenlos zu sein, leider.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich auch nicht bereit dazu war, für ADN(!) Geld auszugeben. Dafür waren mir die Vorteile einfach nicht groß genug (weniger auf privater Ebene als vielmehr auf beruflicher Ebene). Aber wie gesagt: Ich würde mich dennoch bzw. umso mehr freuen, wenn Ello wider meiner ersten sehr frühen Einschätzung doch ein Erfolg wird. Ich kann mir aktuell nur nicht vorstellen, wie/wodurch das passieren sollte.
Fabian meint
Sieht ziemlich Interessant aus das ganze und würde es mir echt gerne mal anschauen. War auch ziemlich lange auf Diaspora aktiv aber leider wurde es nicht zu dem was es werden sollte.
Ueber einen Invite wuerde ich mich freuen.
JUICEDaniel meint
Bin gespannt, wie du es findest – dein Invite ist raus :)
Karin meint
Danke für die gute Beschreibung von Ello. Ich habe selbst einen Blick darauf geworfen – mir gefällt das Design der Plattform und ich würde es gerne einmal ausprobieren.
Üeber eine invite würde ich mich freuen. :)
JUICEDaniel meint
Einen Invite habe ich soeben an dich verschickt, Karin. Viel Spaß beim Ausprobieren!
Marc meint
Sehr schöner Bericht. Ich finde das Design von ello sehr ansprechend, nicht so verschachtelt wie andere Soziale Netzwerke. Ich würde es gerne mal testen. Über eine EInladung würde ich mich sehr freuen :-)
LG
JUICEDaniel meint
Der Invitecode ging soeben raus an dich. Have fun! :)
Fred meint
Ich hab Facebook seit dem Whatsapp-Kauf den Rücken gekehrt und mich mit Twitter versucht. Bin aber immer noch nicht wirklich warm geworden.
Ich würde mich auch freuen, Ello mal testen zu dürfen!
JUICEDaniel meint
Gerne! Invite ist raus :)
Felix Forsten meint
Ich finde das klingt sehr interessant.. Bei Facebook sind inzwischen so viele Scripts in die Seite eingebaut, dasses mit einem älteren Rechner manchmal echt eine Qual ist auf Facebook unterwegs zu sein. Ein Soziales Netzwerk das nicht alles(un)mögliche sammelt und durch Hintergrund-Scripts aufgeblasen ist könnte interessant werden.
Würde das gerne mal ausprobieren und mich über einen Invite freuen.
Grüße aus Berlin
JUICEDaniel meint
Du müsstest soeben einen Invite erhalten haben. Have fun!
Huntz meint
Falls noch eine Einladung da ist, immer her damit ^^ Hatte damals auch Diaspora sofort ausprobiert und hatte große Hoffnung: Dezentral, Open Source, etc… Hörte sich alles wunderbar an. Leider gabs Performanz Problem in der Anfangszeit. Die Umsetzung der Grundfunktionen war leider auch bei der Konkurrenz besser gelungen. So wird man Facebook nicht los… Jetzt is ello meine neue Hoffnung, Bitte macht es besser!
JUICEDaniel meint
Jupp, sind noch Einladungen da. Hab dir gestern Abend eine geschickt :)
Best,
Daniel
PS: Ab sofort verfügt Ello auch über die heiß erwartete Kommentar-Funktion. Nach und nach kommen die Basics…
Christian meint
Klingt interessant. Nachdem Twitter sich in die Timeline einmischt, ist jede Abwechslung herzlichst willkommen. Deswegen würde ich auch gerne einmal einen Blick darauf werfen. Hast du noch eine Einladung übrig?
JUICEDaniel meint
Jupp, sind noch Invites da – einer davon ist soeben an dich rausgegangen :) Have fun und schönes WE!
Carsten meint
Hi Daniel, Ello klingt echt interessant und hat mich neugierig gestimmt!
Würde mich freuen wenn du mich einladen könntest!
MfG Carsten
JUICEDaniel meint
Done :)
jan meint
klingt interessant … gibts noch codes?
viele grüße
jan
JUICEDaniel meint
Ja wieder – und einer davon sollte jetzt bereits an dich verschickt worden sein!
Have fun,
Daniel
Torsten meint
haut in die gleiche Kerbe wie du http://heise.de/-2407266
Marty meint
Hi Daniel, danke für Deine Rezension zu Ello. Ich bin auf jedenfall neugierig geworden. Es würde mich freuen wenn Du mir einen Invite schicken könntest.
Viele Grüße
Marty