Digital Natives 118 – 88 Digital Immigrants. Wäre es ein Basketballspiel, hieße der Gewinner „Digital Natives“. Dabei ist überhaupt nicht klar, wer oder was ein Digital Native nun wirklich ist. Doch bei der großen Printmagazin-Umfrage hatten die meisten Teilnehmer eine klare Meinung dazu. Auch, was die Zukunft der gedruckten Zeitschriften anbelangt.
Wie unterscheiden sich die Ansichten der Teilnehmer, die sich als Digital Natives verstehen, von denen, die sich nicht als solche verstehen? (Letztere werde ich im Folgenden der Einfachheit halber als „Digital Immigrants“ bezeichnen.) Zumindest auf Printmagazine bezogen gibt meine Online-Befragung im Rahmen meiner Diplomarbeit Aufschluss darüber:
Zunächst einmal glauben deutlich weniger der „Digitalen Eingeborenen“, dass es Printmagazine „immer geben wird“. Mit 57 Prozent der Stimmen sind es zwar nach wie vor die Mehrheit, aber deutliche 15 Prozentpunkte weniger als bei den „Digitalen Einwanderern“. Beide Gruppen lesen in etwa die gleichen Nachrichtenmagazine und Wochenzeitungen und bevorzugen die Zeitschrift gegenüber der Zeitung (70 bzw. 69 Prozent der Stimmen für „Zeitschrift“). Auch lesen beide sehr viel lieber gedruckte als elektronische Magazine. Doch hier schimmert durch, dass es tatsächlich einen Unterschied der Digital Natives gegenüber den Non-Digital Natives gibt. Sind es bei den Digital Immigrants noch 93 Prozent, die gedruckte Magazine bevorzugen, so sind es bei den Digital Natives „nur noch“ 84 Prozent.
Auch die Anzahl derer, die schon einmal online ein Printmagazin bestellt haben, ist bei den Digital Natives 12 Prozentpunkte höher (43 Prozent). Natürlich haben sie auch 11 Prozentpunkte häufiger die elektronische Ausgabe eines Printmagazins gekauft (19 Prozent). Ebenfalls nicht verwunderlich ist es, dass Digital Immigrants mehr Wert auf „Haptik“ legen: 74 Prozent der Teilnehmer ist es eher wichtig, ein Magazin anfassen zu können. Bei den Digital Natives sind es mit 57 Prozent ganze 17 Prozentpunkte weniger.
Stichwort „Politik“: Hier fühlen sich Digital Natives von den Medien deutlich schlechter informiert als Digital Immigrants. Und 11 vs. 22 Prozent fühlen sich eher gut informiert. Dabei finden Digital Natives politische Themen in General-Interest-Zeitschriften wichtiger als Digital Immigrants: 25 vs. 14 Prozent heißt hier das Ergebnis derer, die politische Themen als eher wichtig erachten. Interessant ist, dass Digital Natives tendenziell lieber über politische Themen informiert wären. 19 vs. 10 Prozent heißt es hier, was die Auslandspolitik anbelangt. Mit dem Angebot an Nachrichtenmagazinen sind Digital Immigrants zufriedener und unzufriedener als Digital Natives zugleich. Letztere sind vor allem im Mittelfeld zu finden (33 Prozent vs. 19 Prozent). Konkret auf Spiegel, Focus und Stern bezogen sind Digital Natives zufriedener. Vielleicht, weil es ihnen egal ist?
Aus meiner Sicht erfreulich: Bei den Digital Natives besteht ein größeres Interesse an einem weiteren Printmagazin für 20- bis 30-jährige Leser. 61 vs. 56 Prozent ist allerdings keine allzu große Differenz. Was die Darstellungsformen anbelangt, sind die Ergebnisse ähnlich. Nachrichten/Berichte werden von Digital Natives etwas stärker bevorzugt und Kommentare/Glosse wurde häufiger genannt als das Interview, bei den Digital Immigrants war es umgekehrt.
Bei der Ressortunterteilung scheinen Digital Immigrants Entscheidungsschwierigkeiten zu haben: Sind es bei ihnen 42 Prozent, die für die Mitte (3) stimmen, so sind es bei den Digital Natives lediglich 30 Prozent. Klassische Ressorts durch Debatten ersetzen und wechselnde Themenschwerpunkte anbieten: Das fänden 19 Prozent der Digital Natives sehr gut, bei den Digital Immigrants sind es lediglich 8 Prozent. Was die direkte Ansprache in einem Printmagazin anbelangt, sind sich beide Gruppen einig: 42 bzw. 43 Prozent sagen, das sollte man „unbedingt sein lassen“. Konkret aufs Duzen bezogen, fänden das bei den Digital Natives mit 49 Prozent immerhin 9 Prozentpunkte mehr „eher schlecht“ als bei den Digital Immigrants. Artikel aus der Ich-Perspektive schreiben, finden auf beiden Seiten die meisten Teilnehmer „okay“, der Rest ist sehr ausgewogen.
Englischsprachige Artikel werden zwar auch von den Digital Natives tendenziell begrüßt (42 Prozent), aber nicht so stark wie bei den Digital Immigrants: Dort sind es genau die Hälfte der Stimmen. Unterhaltung in Printmagazinen genießt bei Digital Natives mit 55 Prozent einen etwas höheren Stellenwert als bei den Digital Immigrants mit 46 Prozent. 66 Prozent der Digital Natives bekunden ihr Interesse an einem „Mix aus Debatten zu aktuellen Themen, Unterhaltungselementen, Service-Artikeln und zeitlosen Reportagen“. Bei den Digital Immigrants sind es sogar 72 Prozent. Beide Gruppen würden solch ein Magazin bevorzugt jeden Monat kaufen, bei den Digital Natives sogar 7 Prozentpunkte mehr (47 Prozent).
Was den Seitenumfang anbelangt, scheinen sich Digital Natives über mehr Inhalt zu freuen: 73 Prozent der netzaffinen Teilnehmer wollen mehr als 80 Seiten, bei den Digital Immigrants sind es lediglich 55 Prozent. Kosten darf solch ein Magazin bei beiden Gruppen in etwa gleich viel. Mehr als 4 Euro lehnen die allermeisten ab. Auch bei der Formatgröße scheinen sie sich einig zu sein: 75 bzw. 78 Prozent der Stimmen gehen an das „Nachrichten-Format“ à la Spiegel. „Der Titel soll deutsch sein“, wünschen sich 81 Prozent aller Teilnehmer – egal ob Digitaler Eingeborener oder Einwanderer. Der Titelvorschlag „Kontrast“ ist bei beiden Gruppen der „Favorit“ oder besser gesagt das „geringste Übel“, wie man den zusätzlichen Kommentaren beider Lager entnehmen kann.
„Ein Magazin im Querformat – das geht doch nicht!“, meinen 34 Prozent der Digital Immigrants. Bei den Digital Natives sind es sogar 43 Prozent. Eine deutliche Antwort! Ähnlich verhält es sich beim Farbdruck: Während er für 34 Prozent der „Einwanderer“ unerlässlich ist, sind es bei den „Eingeborenen“ sogar 44 Prozent. Bei der Wahl nach dem Papier sind sich alle einig: Gestrichenes Papier oder „Standardpapier“ soll es sein, finden 65 Prozent aller Teilnehmer. Das gleiche Bild zeigt sich bei der Frage nach dem klimaneutralen Druck eines Magazins: 62 bzw. 59 Prozent der Teilnehmer finden das „eher wichtig“.
Erwartungsgemäß haben mehr Digital Natives ein Tablet als Digital Immigrants: Mit 16 Prozent sind es sogar doppelt so viele Prozentpunkte als bei den „Einwanderern“. Und mit 50 Prozent fällt der Anteil derer, die noch keines haben (aber eines wollen), bei den Digital Natives satte 12 Prozentpunkte höher aus. Die Hälfte der Digital Natives schätzen ihre Englischkenntnisse als „sehr gut“ ein – 15 Prozentpunkte mehr als bei den Digital Immigrants. Überschätzen sich Digital Natives hier oder sind sie einfach nur vertrauter mit der englischen Sprache?
Was die Themengebiete anbelangt, ist das Interesse relativ gleichmäßig verteilt. Digital Natives interessieren sich eher für Auslands- als Inlandspolitik (das hatten wir anfangs schon mal) und weniger stark für Geschichte und Feuilleton. Einen starken Unterschied gibt es dann aber doch: Digital Natives interessieren sich sehr stark für Themen aus dem Bereich „Digital/Netzwelt“, Digital Immigrants hingegen viel weniger. Diese Frage zeigt somit am stärksten, dass sich die meisten netzaffinen Teilnehmer tatsächlich richtig eingeschätzt haben dürften und den „Eingeborenen des Internets“ zuzuordnen sind.
Die teilnehmenden Digital Natives sind mit 54 Prozent knapp mehrheitlich männlich während bei den Digital Immigrants das weibliche Geschlecht mit 63 Prozent dominiert. Außerdem sind die teilnehmenden Digital Natives überwiegend zwischen 20 und 30 Jahren (87 Prozent), was 13 Prozentpunkte mehr als bei den teilnehmenden Digital Immigrants sind. Digital Natives wählen eher die Grüne als die CDU (27 Prozent die Grüne vs. 25 Prozent CDU), bei den Digital Immigrants sieht es genau andersherum aus (20 Prozent die Grüne vs. 31 Prozent CDU).
Drei Viertel der teilnehmenden Digital Natives sind Studierende, bei den Digital Immigrants sind es 67 Prozent. Online sind diese hautsächlich 1-4 Stunden pro Tag (70 Prozent), bei den Digital Natives liegt der Wert bei 57 Prozent. Der Rest ist mehr als vier Stunden pro Tag online. Facebook und YouTube – viel mehr an Sozialen Netzwerken nutzen Digital Immigrants in der Regel nicht. Bei Digital Natives kommen noch Twitter, WordPress, Google+ und XING hinzu.
Fazit: Digital Natives und Digital Immigrants sind gar nicht so verschieden – zumindest in dieser Umfrage. Wenn man jedoch eingefleischte Geeks (vornehmlich aus Berlin) und hartgesottene Offliner (von ländlichen Regionen) befragen würde, wären die Kontraste sicher deutlich stärker. Aber beide wären dann nicht relevant für ein gedrucktes General-Interest-Magazin, das sich an eine breite 20- bis 30-jährige Zielgruppe richtet.
>>> Auf den folgenden sechs Seiten könnt ihr die Ergebnisse zu den Fragen grafisch nebeneinander angeordnet sehen – und euch somit selbst von den Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Digital Natives und Digital Immigrants überzeugen.
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