„Circus #Halligalli: Der größte Scheiß, den ich seit langem gesehen habe. Werde ich definitiv nicht nochmal schauen. #epicfail“, schrieb ich auf Twitter über die erste Folge. Einige Zuschauer waren anderer Meinung, darunter auch JUICED-Redakteur Manuel. Als er mich fragte, ob ich nicht Lust auf eine Gegenüberstellung hätte, sagte ich sofort begeistert zu – schließlich schätzen wir auf JUICED Meinungsvielfalt und der Leser kann sich so seine eigene Meinung bilden.
Eigentlich hatte ich keine hohen Erwartungen mehr an Joko und Klaas. Als vor ein paar Jahren plötzlich jeder, wirklich jeder anfing, die beiden lustig zu finden, habe ich irgendwie das Interesse an ihnen verloren. Die Spontanität, die das Duo anfangs ausgemacht hatte, ging peu à peu flöten und damit auch das wichtigste Alleinstellungsmerkmal der beiden. In Circus HalliGalli besinnen sich die beiden Gott sei Dank wieder ihrer Wurzeln und sorgen damit für einen echten Lichtblick in der deutschen Abendunterhaltung.
Wenn man sich bei Circus HalliGalli auf eins verlassen kann, dann darauf, dass man sich auf nichts verlassen kann. Jede Ausgabe ist individuell und steht somit im kompletten Gegensatz zu beispielsweise der in Stein gemeißelten Struktur von TV Total. Die vielen unterschiedlichen Rubriken werden jedes Mal neu zusammengesetzt. Jede Folge ist wie ein Überraschungsei: Im Grunde ist klar, was kommt, aber so ganz sicher kann ich mir nie sein. Und ab und zu passiert etwas vollkommen Unerwartetes.
Den Vogel schoss bislang Olli Schulz ab, der quasi zum Sidekick avanciert ist: „Bist du eigentlich noch street?“, schrie er aus heiterem Himmel Schauspieler Bjarne Mädel an. „Kann man mit dir zum Beispiel noch rangeln?“, fragte Schulz, stürzte sich auf den Stromberg-Ernie und veranstaltete mit ihm eine spontane Keilerei auf dem Studioboden.
Diese Leichtigkeit tut der Sendung unglaublich gut. Quälten sich Joko und Klaas bei ZDFneo noch verkrampft durch gescriptete Dialoge, reden sie nun meist, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Und auch in den Einspielern entdecken die beiden ihren fast jugendlichen Leichtsinn wieder, der damals zu den legendären Porno-Ping-Pong- und Wenn-ich-du-wär‘-Videos führte. Ausgestattet mit neuen Kieznamen begeben sich „Elektro-Joko“ und „Container-Klaas“ auf eine Reeperbahn-Tour mit Olli Schulz oder probieren aus, wie eine traurige Büttenrede bei den Düsseldorfer Narren ankommt. Das ist zwar zugegebenermaßen nicht besonders tiefgründig oder intellektuell – aber leichte und gute Unterhaltungskost.
Doch nicht nur die zweieinhalb Moderatoren machen einen guten Job. Hinter Circus HalliGalli steht eine großartige Redaktion, die sich mit viel Mühe den kleinen Details widmet. So erfahren wir zu Beginn von Folge 4, dass der Papst heute fürs Licht und Kimi Räikkönen für den Shuttle-Service verantwortlich ist. Der „Mitten im Leben Dennis“ von Switch (aka Martin Klempnow) bekommt seinen großen Auftritt als Kamerakind, eine Hommage an 1, 2 oder 3. Eingeblendete Zitate und grandiosen Bauchbinden („Oma Violetta – hat die Haare nass vom Wellenreiten“) tun ihr Übriges.
Ich bin wirklich froh, dass Joko und Klaas die Kurve gekriegt haben. Bleibt zu hoffen, dass sie sich auch in Zukunft so geben, wie sie sind und sich nicht von irgendwelchen Produzenten verbiegen lassen. Circus HalliGalli hat durchaus Potenzial, sich langfristig im Abendprogramm festzusetzen. Vielleicht ja sogar täglich.
Was wurde Circus HalliGalli im Vorfeld gehypt: Bis hin zu den „Rettern des Fernsehens“ reichten die Vorschusslorbeeren für die TV-Jungstars Joko und Klaas. Ob sie den Erwartungen gerecht werden können? Meiner Twitter-Timeline zufolge lieferten sie eine grandiose erste Folge ab. Also entschied ich mich, mir diese neue Sendung der beiden Fernsehmoderatoren ebenfalls anzuschauen – und war hinterher extrem enttäuscht: Die Witze waren wahnsinnig flach bis nicht vorhanden, die Kreativität bewegte sich lediglich auf homöopathischem Niveau und die Qualität war allerhöchstens in den aufwendig inszenierten Einspielern erkennbar.
Ein Beispiel der Innovationsarmut gefällig? Mit Cro hatten sie einen Rapper eingeladen, der vorher schon bei Wetten dass..? war. Sorry, aber frisch und originell sieht anders aus. Gleiches gilt für den Gast: Helge Schneider, ein seltsam herumturnender Mann mit Sonnenbrille und anstrengend-grimmigem Gesichtsausdruck. Nicht gut.
Der traurige Höhepunkt jedoch waren die nervigen Lacher von Klaas und Joko, die verzweifelt versuchten, das Nichtwitzige schönzulachen. Hat nicht wirklich funktioniert, zumindest nicht bei mir. Auch die Szenen mit Oliver Pocher, der einfach nur dämlich dreinschauend vor der Studiotür stand, waren irgendwie seltsam-sinnlos anti-antiwitzig. Ihr merkt: Ich ringe nach Worten. Selbst der Begriff „Fremdschämen“ würde der Sendung nicht gerecht werden, da es mehr traurig als peinlich war. Wobei es damit im Grunde meine Meinung nur bestärkte: Genau aus solchen Gründen schaue ich kein nur selten Privatfernsehen. Und bin damit nicht allein.
Im Zuge dieses Artikels habe ich mir die vierte Folge angeschaut und wurde auch hier so richtig enttäuscht1. Gelacht habe ich genau zweimal: Einmal bei den Tipps zur Schlagfertigkeit (wobei ich da noch deutlich mehr erwartet hätte) und das andere Mal bei den Fragen der Zuschauer. Aber gerade bei Letzterem wird ein weiteres Problem der Sendung deutlich: Da alles so albern/lustig/komisch sein muss, weiß man nicht mehr, was nun wirklich stimmt und was nicht. Für die meisten Zuschauer ist das vielleicht nicht relevant, für mich schon. Aber vermutlich bin ich einfach nur die falsche Zielgruppe2.
Fragt sich nur: Für wen ist diese Sendung gedacht? Und was will sie eigentlich? Nur unterhalten? Dann hat sie aus meiner Sicht versagt – denn das geht deutlich besser, siehe etwa die „heute-show“ mit Oliver Welke. Und nein, da hilft es auch nicht, wenn man Witze über sich selbst macht. Denn auch die entwaffnende Selbstverarschung ist mittlerweile schon ausgelutscht. Ja, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen, ist durchaus wichtig. Aber witzig?
Am Ende der Sendung kam der Hinweis: „Die Moral von der Geschicht? Keine.“ Das ist mit trauriger Gewissheit wahr. Traurig deshalb, weil gerade guter Humor nicht frei von Moral ist. Daher vergebe ich der Sendung an guten Tagen zwei von zehn Sternen und an schlechten Tagen einen. Mein Fazit: Scheiße machen und Applaus ernten? Nein, danke.
Marco Wandura meint
Interessant wird es, wenn man in die Archive des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Da gab es genau solche Sendungen – anarchistisch, wild und voll mit geschmacklosen Witzen. So war „Schmidteinander“ zu Anfang und andere Sendungen der Dritten in den Achtzigern waren es ebenso.
Helge Schneider ist definitiv Geschmackssache. Wer aber nur „einen seltsam herumturnenden Mann mit Sonnenbrille und anstrengend-grimmigem Gesichtsausdruck“ sieht, hat wohl nicht verstanden, für welche Art Humor Helge Schneider steht.
Ich befürchte leider, dass „Circus HalliGalli“ bald aber genauso glattgebügelt und angepasst sein wird, wie z.B. „TV Total“ oder „Schmidteinander“ nach einiger Zeit. Quoten- und Sponsorendruck sei Dank.
JUICEDaniel meint
Für meine Art Humor jedenfalls nicht. Mal ganz abgesehen davon: Der Mann mag vielleicht witzig sein, wenn er auf der Bühne steht. Aber gerade, weil er auch für seine Improvisation bekannt ist, fand ich seinen Auftritt bei HalliGalli schlicht enttäuschend bis peinlich. Die Aussage bezieht sich also nicht allgemein auf Helge Schneider, sondern lediglich auf den Helge Schneider im Kontext der ersten HalliGalli-Folge.
Selbst wenn das so wäre, wäre das aus meiner Sicht gar nicht mal schlimm. Einen eigenen Stil zu entwickeln und dem treu zu bleiben, ist ja nicht verkehrt – so lange der Stil gefragt ist/ankommt. Man kann schließlich nicht jede Sendung das Rad neu erfinden. Aber mal abwarten, wie sich die Quoten entwickeln – und dementsprechend über kurz oder lang auch die Sendung beeinflusst.
Mike meint
Dass Helge Schneider nicht für alle ist sollte man nicht in einer Sendungskritik unterbringen, meiner Meinung nach. Er war ja eh nur einmal zu Gast, von daher ist das für die Sendung nicht wirklich relevant. War aber sicher eine dämlich Entscheidung ihn zur ersten Sendungen einzuladen.
Fans verteidigen die Sendung damit, dass die vorherigen Sendungen auch schon so waren. Stimmt, bloß für mich ist das Mist. Alles was Beide machen gab es schon jahrelang, nichts Neues.
ich finde auch nicht, dass man die Redaktion dafür loben sollte, dass sie in einer Woche sich den „Witz“ ausdenkt, dass der Papst für das Licht zuständig ist. Den Witz hätte meine Mutter auch hinbekommen, mit einer Woche Arbeitszeit hätte sie sicher noch zwei witzigere Einfälle gehabt.
Die Sendung wäre so gerne edgy, ist aber sehr angepasst. Joko und Klaas schauspielern zu auffällig, alles ist gescripted (im Auto grillen und beide „schlafen“ bspw). Niels Ruf hat vor zehn Jahren viel krassere Sachen gemacht.
Der Rest ist von anderen Sendungen zusammengeklaut. Die Oma gabs auch schon bei Schmidteinander, diese Zuschauerfragen haben sie von Will Ferrell geklaut. Die Videotexteinblendung in der ersten Folge war von Andy Kaufman abgekupfert etc Die Mutproben sind Jackass in Weichspül.
Ich denke nicht, dass solche belanglosen Mutproben über Jahre Leute begeistern werden und anderes haben die beiden nie gemacht. Kein Anspruch, keine intelligente Unterhaltung. Nichts zum Nachdenken.
Dass beide keine Witze rüberbringen können und in Person kaum lustig sind wusste man vorher, wieso lässt man sie dann eine Art Standup machen? Joko macht selbst überhaupt keine Witze, er sitzt da und lacht übertrieben und Klaas versucht wie Heinz Strunk zu sein, scheitert aber. Man merkt wie beim Pocher bspw auch immer, wenn er einen Witz machen will, ganz mies bei einem Komiker.
Olli Schulz sticht heraus, sowas wird sich aber auch abnutzen, zumal er Joko und Klaas die Show stiehlt.
Aber dieses „rangeln“ war einfach nur ein peinlicher Versuch anarchisch zu sein. (Geplanter Anarchismus…) Anarchismus im Sinne von zwei Leuten, die für ein altehrwürdiges, konservatives Bankunternehmen wie die Sparkasse ihr Gesicht vermieten.
Klar gibt es viele Sendungen im Fernsehen die noch beschissener sind, das macht diese Sendung aber dann nicht gut.
JUICEDaniel meint
Hey Mike,
vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar – sehr lesenswert und gut begründet, gefällt mir. Nochmal kurz zu Helge Schneider: Da Joko und Klaas entschieden haben, ihn einzuladen, ist das für die Bewertung der Sendung schon relevant – da er ja letztlich ein Teil des Inhalts der Sendung war, wenn auch nur ein kleiner. Gleiches gilt für meine weiteren Beispiele wie Cro oder Oliver Pocher. Allesamt Entscheidungen, die von wenig Innovationsfreude, Kreativität und Mut zeugen, sondern auf Alt(nicht)bewährtes setzen. Kurzum: Helge Schneider war nur ein Beispiel von mehreren, das man sicher nicht isoliert betrachten darf.
Zurück zu deiner Review: Folgende beiden Zitate finde ich eine der Schlüsselaussagen über die Sendung:
und
Sehr schön, gute Einschätzung (wie ich finde). Danke dafür!
Manuel meint
Hi Mike,
ich finde deine Argumente sehr gut. Im Endeffekt liegt es wohl am persönlichen Geschmack. Ich finde die Art von Humor einfach unterhaltsam, auch wenn mir bewusst ist, dass sie nicht besonders tiefgründig oder intelligent ist.
Wenn jemandem die Blödeleien von Joko und Klaas zu blöd sind, kann ich das irgendwie verstehen. Ich finde es ab und zu einfach ganz lustig, den beiden zuzuschauen. Und vor allem diese wahllosen Momente (z.B. als in der ersten Sendung plötzlich der Junge mit den Thüringer Klößen hereingefahren kam) ist genau mein Ding. Warum, kann ich auch nicht sagen.
Sendungen wie die heute-Show oder Pelzig hält sich finde ich auch großartig, keine Frage. Ehrlich gesagt finde ich sie auch deutlich besser als Circus Halligalli. Aber ab und zu ist mir einfach nach leichter Unterhaltung, bei der man sein Hirn auch mal ausschalten und einfach lachen kann. Da kommen mir Joko und Klaas gerade recht.
Aber die Sendung hat durchaus noch Luft nach oben. Vor allem der Talk-Anteil sollte etwas besser durchdacht werden. Bis jetzt plaudern die beiden ja mit ihren Gästen nur ein bisschen und machen ein paar Scherze. Wenn das so weitergeht, werden die „Hochkaräter“ langfristig ausbleiben. Die Gäste sollte man im Latenight-Stil auch mehr einbinden, bis jetzt haben die meisten ja kaum eine Rolle gespielt.
Thilo Tiede meint
Ich mach mich mal jetzt unbeliebt: Ich finde die Sendung einfach genial. Es mag sein, dass Fremdschämen vorprogrammiert ist, wenn Joko sich einen vom Ast ablacht. Ja, die geborenen Talker sind die beiden auch nicht. Ja, der Humor ist oft infantil und niveaulos. Hmm… ich wollte ja schreiben, warum die Sendung gut ist, also: Ich kann mich Manuel nur anschließen: Wie ein Überaschungs-Ei ist jede Folge. Stets probieren, die beiden und die Redaktion neue Spiele, neue Albernheiten. Na klar, davon ist vieles blöde – aber das war bei Dirty Harry auch schon so. Es tut so gut eine Sendung zu sehen, wo nicht jedes Husten im Skript steht. So sehr ich auch ich die heute-show liebe, so sehr hasse ich es, dass man wohl in jeder Minute merkt, dass Welke ununterbrochen vom Teleprompter abliest.
Das mit der Moral ist tatsächlich diskussionswürdig: Ich finde es gerade sehr gut, dass die beiden mit der Moral spielen. Das Karnevalgedicht über die furchtbare Kindheit von Klaas hatte große Klaasse (haha), weil sie die aufgesetzt-fröhliche Karnevalindustrie entblößte. Solch freche, authentische (nicht-geskriptete) und grenzwertige Dinge braucht das deutsche Fernsehen. So bleibt es diskussionswürdig und interessant.
JUICEDaniel meint
Wieso unbeliebt? Bei den meisten Lesern und Zuschauern dürftest du dich damit wohl beliebt machen. Den bisherigen Kritiken zufolge habe ich eher den Eindruck, dass die meisten die Show gut finden. Allerdings frage ich mich bei manchen „Meinungsführern“ auf Twitter & Co., wie viele davon die Show gut finden „müssen“ und wie viele sie wirklich gut finden. Denn wenn man sich in der Medienlandschaft erst mal besser kennt, ist es schwieriger, sich gegenseitig ans Bein zu pinkeln. Also lieber loben, dann gibt’s auch keinen Ärger/keine Kritik. Ist der bequemere Weg. Nichtsdestotrotz gehe ich schon davon aus, dass die allermeisten, denen die Sendung nach außen hin gefällt, auch tatsächlich gefällt.
Eins noch: Wir haben in diesem Artikel ja bewusst Pro & Contra ausgesucht. Nicht, weil einer von uns Recht hat (im Grunde haben alle Recht), sondern weil es eben verschiedene Meinungen dazu gibt. Über Geschmäcker lässt sich vortrefflich streiten – und das wollen wir auch fördern, Stichwort „Debattenkultur“.
Brille kaufen meint
also ich finde Circus HalliGalli nicht schlecht! :) auch wenn es sicherlich niveauvollere Sendungen gibt…
Jörg meint
Einfach nur Scheisse hoch X , wieder einmal klar warum ich kaum TV schaue aber so etwas dümmliches ist Zeitverschwendung pur; Ich dachte man könnte hier mal was zum Lachen haben… dem war nicht so, infantiles Gefurze, man hat nur noch darauf gewartet, dass man sieht wie einem die Scheisse in Gesicht gekackt wird. Wer das lustig findet, na ja, Deutschland ganz unten angekommen, aber ganz tief unten…