Was macht für Sie die Faszination von Demos aus?
Daniel Botz: Eine gute Demo reizt die technischen Möglichkeiten des Computersystems, für das sie geschrieben wurde, bestmöglich aus und bringt damit dessen typische Eigenarten zum Vorschein. Demoprogrammierung ist daher eine sehr materialbewusste Gestaltung – es geht darum, das „Material“ Computer besonders clever zu bearbeiten. So etwas ist in den digitalen Medienkünsten eher selten der Fall, wo das Werk im Vordergrund steht und die technologische Grundlage gerne verschwiegen wird.
Sind Demos Kunst? Warum?
Daniel Botz: Computergrafik, Musikvideos und Webseiten sind inzwischen als Kunstgattungen anerkannt, warum nicht auch Computerdemos. Es wird allerdings schwer sein, zu bestimmen, was eine Demo nun besonders kunstwürdig macht, da die szene-eigenen Maßstäbe hier ebenso wenig zählen wie Qualitätskriterien, die man sich aus anderen Kunstformen „geborgt“ hat. Dort wo Demos ihre unauflösbare Bindung an haushaltsübliche Computerhardware oder Speicherplatzbegrenzungen betonen, liegt ihre eigentliche künstlerische Aussage.
Wird es Demos auch in Museen zu bestaunen geben oder gibt es das gar schon?
Daniel Botz: Es gab schon Ausstellungen, die sich dem Phänomen Demo gewidmet haben, aber eher aus zeit- und technologiegeschichtlichem Interesse. Für den Kunstmarkt sind Demos als digitale und frei verfügbare Werke kaum interessant. Aber genau wie bei Computerspielen wird es eine Aufgabe für die Zukunft werden, das digitale Erbe der Demoszene mitsamt der dafür benutzten Originalhardware zu erhalten und zu dokumentieren.
Wie muss man sich die Demoszene vorstellen, was sind das für Leute? Das Ganze ist ja aus der Illegalität entstanden.
Daniel Botz: Alle „Demoszener“ verbindet letztendlich ein großes Interesse an den Möglichkeiten und Grenzen der Maschine, die Weigerung, sich als „Computerkonsument“ zu verdingen. Und das geht meistens einher mir einem Freiheitsgedanken von Hard- und Software und einer leicht spöttischen Skepsis gegenüber der Computerindustrie. Diese Einstellung herrschte schon in den illegalen Anfängen der Software-Piraterie, als es die Cracker mit den Software-Firmen aufnahmen um ihren eigenen Herrschaftsanspruch auf das „Kulturwerkzeug Homecomputer“ zu behaupten. Mit der Zeit erwiesen sich die Gestaltungskünste von Intros und Demos aber als viel geeigneter für einen Wettbewerb untereinander.
Demos werden ja vor allem auf entsprechenden Szene-Partys abgefeiert. Was spielt sich dort ab?
Daniel Botz: Die Szene-Partys leiten sich von den früheren Copy-Partys ab, auf denen Software und Demos getauscht wurden. Die wichtigsten Ereignisse auf Szene-Partys sind aber die Demo-Competitions. Hier treten die Produktionen der Demoszene in verschiedenen Kategorien gegeneinander an. Viele Kontrahenten nehmen ihre eigene Computerhardware mit und stellen ihren Beitrag noch auf der Party selbst fertig. Die Demo-Competition ist also gleichzeitig so etwas wie die Premierenfeier einer Demo. Nicht selten werden herausragende Beiträge lautstark gefeiert. Heutzutage wird kaum noch eine Demo außerhalb von Szene-Partys veröffentlicht.
Sollten auch interessierte Laien zu Demopartys wie der Evoke in Köln oder Revision in Saarbrücken gehen oder sind solche Veranstaltungen eher was für Insider?
Daniel Botz: Im Allgemeinen freut sich die Szene sehr über Öffentlichkeit und nimmt jeden interessierten Besucher freundlich auf. Den Szene-Profis beim Demoprogrammieren über die Schulter zu schauen ist eine Erfahrung, die man weder im Internet noch beim Lesen von Büchern machen kann. Es kommt allerdings auch auf die Party an. Viele große Szene-Veranstaltungen haben sich mit der Zeit zu großen LAN-Partys mit Schwerpunkt auf Network-Gaming entwickelt, um ein größeres Publikum anzusprechen. Partys wie Evoke oder Revision dagegen konzentrieren sich nach wie vor auf rein kreative Aktivitäten.
Ihr Buch „Kunst, Code und Maschine“ ist vor kurzem erschienen. Was war Ihre Motivation, es zu schreiben?
Daniel Botz: Es gab bislang noch keine Veröffentlichung, die sich speziell den ästhetischen Aspekten der Demoszene zuwendet. Ich wollte herausstellen, welche Traditionslinien die Gestaltung von Demos hervorgebracht hat, wie der Diskurs über künstlerische Maßstäbe und Innovationen innerhalb der Szene funktioniert und welche Motivationen hinter dem Programmieren von Demos im Allgemeinen stehen.
Was kann der Ottonormalbürger von dem Buch lernen?
Daniel Botz: Dass „Medienkunst“ kein esoterischer Hokuspokus aus dem Rechenzentrum ist, sondern dass sie sich praktisch auf allen Geräten abspielen kann, die uns unmittelbar umgeben. Und dass diese Unmittelbarkeit Spaß machen kann.
„Kunst, Code und Maschine: Die Ästhetik der Computer-Demoszene“ ist im transcript Verlag erschienen und kostet 34,80 €.
Beispiele für Demos
» PC: Conspiracy – Chaos Theory [URL] » PC: Farbrausch – The Popular Demo [URL] » PC: Farbrausch – Rove [URL] » C64: Shape – Artillery [URL] » C64: Booze Design – Edge Of Disgrace [URL] » C64: Triad, Instinct, Focus, Horizon – The Wild Bunch [URL] » C64: Fairlight – We Are New [URL]
Dieser Artikel erschien zuerst im iPad-Magazin “ausgespielt”, welches ihr seit kurzem kostenlos im iTunes Store herunterladen könnt. Dort findet ihr den Artikel natürlich in einem noch viel schöneren Layout. Das Magazin war ein Semesterprojekt der Online-Journalisten an der h_da – inklusive Beteiligung einiger JUICED-Autoren.
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