Oder: Wieso ich mich nach zwei Monaten wieder abgemeldet habe.
Facebook. Der Tragödie zweiter Teil.
Am 19. April dieses Jahres habe ich noch groß angekündigt: „Guess who’s back… back again.“ Doch nur zwei Monate später, um genau zu sein am 21. Juni, habe ich mich nun zum zweiten Mal wieder abgemeldet. Diesmal aus mehreren Gründen.
1. Wie bei StudiVZ auch setzte ich mir ein Limit von 90 Freunden. Wenn diese Grenze überschritten würde, wollte ich das Social Network-Prinzip nochmal überdenken. Denn „Freunde sammeln“, wie es auch viele anderen nennen und ansehen, ist nicht mein Ding. Da ich viel Wert auf echte Freundschaften lege und Oberflächliches überhaupt nicht ausstehen kann, fand und finde ich das Social Network-Prinzip oder -System in dieser Hinsicht nicht sonderlich ansprechend. Facebook setzt da sogar einen drauf:
2. Heute schon ein Quiz gemacht? Jedes Mal, wenn ich mich einloggte, sah ich auf der Startseite die zahlreichen Quizergebnisse zu den verrücktesten Fragen. Wann wirst du heiraten, was ist deine Lieblingsfarbe oder welche Pizza bist du – die Fragen konnten noch so bescheuert bescheiden sein und wurden im Minutentakt von Horden wilder williger „Gesichtsbücher“ beantwortet. Ja, ich hätte diese Anzeige auch deaktivieren können. Aber will ich denn einem Netzwerk angehören, in dem sich so etwas rund um die Uhr großer Beliebtheit erfreut? Nichts gegen die Leute an sich, aber meine Zeit ist mir dafür einfach zu schade. (Mich macht es eher traurig zu sehen, wie manche Menschen ihre Zeit dafür regelrecht verschwenden und offenbar nichts besseres anzufangen wissen – ich könnte ihnen so viele sinnvolle(re) Arbeit geben…)
3. Freundesanfrage? Ablehnen! Doch dann die private Nachricht: „Warum? *heul*“ So ging das ein paar Mal – und ich bin froh, das endlich hinter mir zu haben. Es ist nervig, wenn du Freundesanfragen von nahezu unbekannten Leuten ablehnen musst, die dich irgendwie über fünf Ecken kennen und meinen, in dir ihren 200. Freund zu sehen. NEIN DANKE! Aber das Allerschlimmste ist ja, wenn sie anschließend ganz empört nachfragen, wieso ich sie denn abgelehnt hätte. Da kann ich nur traurig den Kopf schütteln. Sind Freundschaften denn heute gar nichts mehr wert? Ich habe schon überlegt, meinen Facebook-Account mit immerhin 91 Freunden bei eBay zu versteigern. Aber es wäre zu traurig, wenn dann noch jemand dafür bieten würde. Daher lass ich es lieber.
4. Daniel bohrt gerade in der Nase. Argh. Wieso reden in Facebook alle von sich selbst in der dritten Person (was sie gerade tun)? Da werde ich ja total bescheuert konfus. Wer sich dagegen auflehnt, darf sich mit Dialogen wie diesen herumschlagen:
Daniel Ich mag nicht von mir in der dritten Person reden.
Benjamin* Mag er nicht? ^^
Daniel sagt: Nein, mag ich nicht!
* Name geändert
5. Aber irgendetwas muss die Leute doch so sehr begeistern, sonst würden Facebook ja nicht so viele nutzen. Nun, einen Mehrwert hat Facebook insbesondere für diejenigen, die das Soziale Netzwerk häufig und intensiv nutzen.
Oder aber sie nutzt es selten (wie ich),
- und sparen so eine Menge Zeit
- und haben im echten Leben genauso viele Freunde.
Dann hat Facebook für mich aber im Prinzip keinen persönlichen Nutzen mehr. Daher die logische Konsequenz: weg damit!* (Ich muss ja nicht überall dabei sein.)
6. Außerdem hat Facebook in den letzten Monaten einiges bei den API-Schnittstellen und dem Datenschutz verschlimmert geändert, was ich nicht unterstütze. Es ist erschreckend, wie wenige sich dagegen auflehnen und alles regungslos hinnehmen (ohne überhaupt darüber nachzudenken) – das hatten wir doch schon einmal…
7. Fazit: Facebook wirkt auf mich sehr flach, schnelllebig und unpersönlich – nichts für mich. In diesem Sinne: stay juiced!
* Bei der Abmeldung (man kann sein Konto lediglich deaktivieren, nicht löschen –> das sieht dann bei den Benutzerzahlen besser aus) stieß ich auf etwas Kurioses: Facebook fragte mich nach dem Grund, wieso ich das Netzwerk verlassen möchte, siehe obiger Screenshot. Ich wählte folgende Antwort aus: „Ich finde nicht, dass Facebook nützlich ist.“ Daraufhin lieferte Facebook mir prompt die äußerst hilfreiche Antwort: „Facebook nützt dir wahrscheinlich mehr, wenn du Kontakt zu weiteren Freunden aufnimmst.“ Ahh ja.
Auch die fünf darüber eingeblendeten Freunde mit ihrem Foto und dem Spruch „[Freund] wird dich vermissen“ kam bei mir gar nicht gut an (aus Schutz der Privatsphäre zeige ich davon kein Screenshot). Besonders prägnant war noch, dass zufälligerweise die „Freunde“ eingeblendet wurden, die mich vermutlich am wenigsten vermissen werden.
noch ein Markus meint
sagte ich schon mal dass ich dieses Social Network Gedöns für 95% der Nutzer für überflüssig halte?
dass man sein account nicht löschen kann find ich allerdings extrem übel.
Andreas meint
Ich glaube, du darfst Freund nicht mit Freund übersetzen. Kontakt tuts auch ;-)
JUICEDaniel meint
@ noch ein Markus: Ja, ich auch. Ist leider immer öfters so. Auch ICQ-Accounts kannst du nicht löschen, das war ja schon immer so.
@ Andreas: Stimmt schon. Aber wieso nennen sie es dann nicht gleich „Kontakt“? Bei WKW soll das ja der Fall sein, oder? (Wäre mir sympathischer)
Natürlich würde das aber nichts an meiner Entscheidung ändern. Weniger die Bezeichnung „Freund“ an sich stört mich als vielmehr, was die Menschen da eigentlich tun. Selbst wenn es nur Kontakte sind: Dieses oberflächliche Zeugs kann ich mir einfach sparen. Dafür ist mir meine Zeit zu schade. (Das schöne ist ja, dass das meine richtigen Freunde auch akzeptieren und verstehen :) )
Kelé meint
Was mcih doch nochmal interessieren würde:
Welche anderen Vorschläge bietet facebook denn, wenn man die anderen Möglichkeiten auswählt?
Kommen dann auch so „hilfreiche“, ja teils amüssante Vorschläge?
JUICEDaniel meint
Ja, die Vorschläge sind genauso „hilfreich“. Zumindest die anderen beiden, die ich daraufhin auch interessehalber mal kurz angeklickt habe („ich fühle mich nicht sicher“ und noch eins).
Basti meint
Hmm, ich hatte bisher kein Facebook Account, und werde wohl auch so schnell keinen erstellen.
last.fm, wkw, studivz, die drei reichen. und zumindest bei letzteren beiden grübel ich so schon oft genug, was mir die accounts bringen, und ob ich die nicht doch vielleicht wieder löschen sollte ^^
JUICEDaniel meint
(Gegen)frage: Was hält dich davon ab?
Basti meint
Der Kontakt mit einer Handvoll Leuten, der Ohne Studi oder wkw eben nicht vorhanden wäre =)
Leo meint
Hallo Daniel. Dein Artikel trifft es auf den Punkt. Ich bin seit gestern dabei, mich bei einem Großteil von Netzwerken und Foren abzumelden, bisher nur mit wenig Erfolg. Ich habe ca. drei DIN A4 Seiten voll mit herausgeschriebenen Zugangsdaten, bei zwei Dritteln der Websites kann man sich nur via eMail löschen oder gar nur deaktivieren lassen. Lediglich wenige Angebote lassen sich einfach per Buttondruck kündigen, zumeist sind das Shops oder kleine Netzwerke, die nicht so erpicht auf viele angemeldete Accounts sind. Bei Facebook bin ich allerdings auf ein Hintertürchen (?) gestoßen, ob es funktioniert, wird sich in 14 Tagen zeigen: http://www.facebook.com/help/contact.php?show_form=delete_account
Übrigens: Schönes Blog, vorallem die Artikelserie über Opera (Unite) hat mir sehr gefallen *überzeugteroperauserbin* Wir wissen eben, was gut ist ;-)
Kelé meint
Ich habe gestern auchmal angefangen ein bisschen im StudiVZ aufzuräumen und habe mal 60 „Kontakte“ beendet… Leute, die man auf jeugendtreffen oder so mal kennen gelernt hat und mit denen man nie schreibt…
Und trotzdem sind noch zuviele da…
JUICEDaniel meint
@ Leo: Diesen Link kannte ich noch gar nicht. Wenn es funktioniert hat, wäre es sehr cool, wenn du hier Bescheid sagen könntest. Danke!
@ Kelé: Wow, 60 „Freundschaften“ einfach so beendet? Ganz schön viel… klingt so ähnlich wie meine alte ICQ-Liste von früher, wo ich nach einem Jahr Pause damals auch die Hälfte rausgeschmissen hatte (120 etwa). [Wobei ich ICQ auch schon seit langem nicht mehr benutze… auch so ein Zeiträuber: „Hi“ „Hi“ … 5 Minuten Pause … „Was gibt’s?“ … „Och nix“. Na toll!
Leo meint
Hallo zusammen. Wie gewünscht melde ich mich hier noch mal um zu berichten. Die Löschung meines Accounts scheint mit oben genanntem Link funktioniert zu haben. Ich konnte mich nicht mehr einloggen. Aber darauf achten, dass man sich innerhalb von 14 Tagen nicht einloggt, da sich das Ganze sonst reaktiviert.
JUICEDaniel meint
Sehr cool, vielen Dank für die Info!
Kai meint
Also, für mich als 40+ war das Gesichtsbuch eine Offenbarung dahingehend, wie Jugend so kommuniziert. Und jetzt bin ich so 2x/Woche dabei, kann mich mit Leuten austauschen, die sonst kaum eine Mail schreiben (ich habe schon 3x gechattet – Novum für mich, bislang bin ich vor sowas geflohen) und bin so wieder in Kontakte gekommen, die mir echt wichtig sind. Hätte es ohne Facebook nicht gegeben. Ob ich das nun gut finde oder nicht, ich sehe, es funktioniert eben besser als telefonieren oder mailen, krass – nun denn. Also ich bin gerne und aus diesem Grund dabei, so 2x/Woche …
Sven meint
„Wir haben online so viele Freunde, dass wir ein neues Wort für die echten brauchen“
(-;
JUICEDaniel meint
True. ;) (Wobei ich „Kontakte“ statt „Freunde“ deutlich einfacher und ehrlicher fände)