Unsortierte Gedanken eines Bloggers
Endlich! Endlich mal ein paar Tage abschalten, runterfahren, auftanken. Dem Alltagsstress wenigstens für einen kurzen Moment entrinnen. Wie unendlich gut das tut.
Schon seit Monaten möchte ich darüber schreiben. Über Muße. Doch wenn man selbst keine hat, kann man schlecht darüber schreiben. Umso mehr freue ich mich, dass ich in den letzten Tagen Zeit zum Nachdenken, Reflektieren und Einordnen hatte.
Die vergangenen Monate waren turbulent, vollgepackt und ereignisreich. Immer wieder staune ich, wie schnell doch die Zeit vergeht. Stunde um Stunde, Tag für Tag – die Arbeit hört niemals auf.
Selbst ohne das Internet könnte ich problemlos einige Wochen lang liegengebliebene Aufgaben abarbeiten, alte Dokumente ausmisten und zahlreiche Fotos aussortieren. Ich will damit nicht sagen, dass ich nicht hinterher komme und in einer Flut aus Arbeit zu ertrinken drohe. Das Leben ist nun mal kein Ponyhof, schon klar. Aber ich will damit aufzeigen, wie wichtig gerade deshalb Auszeiten sind. Wie wichtig es ist, sich ausreichend Zeit für Freunde und Beziehungen zu nehmen.
Klingt banal? Ist es auch. Aber genau deshalb ist es häufig auch so schwer, diese banalen Wahrheiten im Alltag zu leben. Wie auch? Die wenigsten von uns können sich den Luxus leisten, einfach mal abzuschalten und eine Woche lang offline unterwegs sein. Und wenn man dann doch mal eine Woche lang frei hat, haben die Freunde meistens keine Zeit.
Das erinnert mich an meine Zeit in Indonesien, wo ich 2006/07 mein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert habe. Dort hatte ich abends IMMER Zeit. Ständig habe ich mich mit einheimischen Freunden getroffen und bin mit ihnen zum Bundaran besar (großer Kreisel) gefahren, wo sich ein Straßencafé ans andere reiht.
In Deutschland hingegen müssen solche Verabredungen wochenlang im Voraus vereinbart werden. Nicht selten sagt man doch noch kurzfristig ab, weil man zu viel zu tun hat oder ein „wichtiger Termin“ dazwischenkam. Alles wird hektischer, schnelllebiger, stressiger.
Aber es wäre zu platt, das so stehen zu lassen. Häufig ist es doch so, dass wir uns die Zeit dafür einfach nicht nehmen und die Prioritäten woanders setzen. Und ja, am Ende des Monats muss man eben auch genug Geld verdient haben, um Miete, Auto und Co. bezahlen zu können…
Vermutlich sind die Prioritäten eine Schlüsselstelle im Leben: Was ist mir wichtig, was will ich erreichen, was tut mir gut? Ich bin fest davon überzeugt, dass wir Menschen vordergründig zu Beziehungen erschaffen wurden – und nicht zum Arbeiten. Arbeiten ist ein notwendiges Übel, um zu überleben. Aber die schönsten Momente des Lebens verbringen wir in Gesellschaft unserer Freunde und Familie. Oder nicht?
Ist uns eigentlich bewusst, was wirklich wichtig ist? Ich bin mir da nicht so sicher… Wie oft haben wir erlebt, dass sich unbeantwortete E-Mails ein paar Tage später von selbst erledigen? Wie oft sind wir abends todmüde von der Arbeit heimkommen und haben uns gefragt, was wir eigentlich den ganzen Tag über gemacht haben? Wie oft haben wir uns bei dem Wunsch ertappt, raus aus diesem Hamsterrad zu wollen?
Ich will nicht alles schlechtreden. In Deutschland zu leben, hat viele Vorteile. Wir haben einen hohen Lebensstandard, wofür ich dankbar bin. Aber ich möchte dafür werben, uns ausreichend Zeit für uns selbst und andere zu nehmen. Damit wir nicht vergessen, worauf es im Leben wirklich ankommt. Damit wir Fehlentwicklungen erkennen und korrigieren und die Prioritäten richtig setzen können. Damit wir wieder erfahren, was Muße ist. Damit wir das Vergangene verarbeiten, bewusst im Hier und Jetzt leben und uns auf das Zukünftige freuen können.
Was sind eure Erfahrungen diesbezüglich? Wie schaltet ihr ab, wie tankt ihr auf? Und wann habt ihr das letzte Mal Muße verspürt? Ich freue mich auf eure Kommentare!
ekiam meint
Ich glaube wir müssen uns einfach bewusst dazu entscheiden, Zeit für uns oder für unsere Freunde zu haben. Und dann geht das auch irgendwie… Keine Ahnung, vielleicht ist das auch eine bisschen naive Einstellung, aber bei mir funktionierts und ich genieße meine Leben!
JUICEDaniel meint
Dass wir uns bewusst dafür entscheiden müssen, sehe ich auch so. Aber ganz so einfach ist das manchmal eben nicht. Dennoch halte ich es für wichtig, weshalb ich ja auch darüber gebloggt habe. Der erste Schritt zu solch einer solchen Entscheidung ist es, darüber nachzudenken/zu reflektieren/einzuordnen. Dieser Artikel soll dazu anregen, genau das zu tun.
Torsten meint
es hängt absolut an einem selber, wieviel Zeit für die Muße sich gönnt. Den Stress ständig online zu sein, aufs Handy zu schauen oder auf seinen SocialMedia Seiten aktuell zu bleiben tut man sich selber an. Ich habe daher auch nur wenig Mitleid mit Leuten (und ja, auch mit Freunden), die Stresspusteln deswegen bekommen. Sicher gibt es berechtigte Ausnahmen, trotzdem denke ich dass das vielen garnicht klar ist, wie abhängig sie auf stets-aktuell-sein sind…
Ich les auch nicht alle meine RSS Abos sofort, sondern dann, wenn ich mir dafür Zeit nehme. Zeit nehme, sie bewusst zu lesen und eben nicht nur zu überfliegen. Daher antworte ich (hier) auch meist zeitversetzt ;)
Und Daniel, du hast es meiner Meinung nach auch auf den Punkt getroffen: Prioritäten setzen, und zwar auf die richtigen Punkte ;)