Eine Zeitschrift mit Katze im Namen und Katzenbildern im Inneren muss natürlich auch Geschichten über Katzen erzählen. Kater Demos, das selbsternannte „Politikmagazin mit Cat Content“, bekommt das selbst beim sensiblen Schwerpunktthema Überwachung hin. Klingt komisch, ist aber so.
Die beste Story in der Sommer-Ausgabe von Kater Demos geht nämlich so: Während des Kalten Kriegs verkabelte die CIA eine Handvoll bemitleidenswerter Katzen – der Schwanz diente als Antenne, die Ohren als Verstärker für die implantierten Mikrofone – und ließ sie über den Rasen der russischen Botschaft in Washington flanieren. Vielleicht, so der Plan, könnten die Hightech-Vierbeiner ja ein paar brisante Gesprächsfetzen mitschneiden. In der Praxis hielt sich der Erfolg der Operation „Acoustic Kitty“ jedoch in Grenzen. Mäuse hielten die haarigen Geheimagenten von der Arbeit ab, eine Katze wurde vom Taxi überfahren.
Es sind vor allem diese kuriosen Geschichten, die Kater Demos ausmachen. Wie lebt es sich in einem Smart-Home, in dem das Bett weiß, wie viele Personen gerade auf ihm liegen, und in dem das Wohnzimmer den CO2-Gehalt misst und einem hin und wieder vorschlägt, man sollte mal wieder lüften? Was steht in diesen blöden, sieben Seiten langen Lizenzbestimmungen von XY drin, die eh nie jemand liest? Und was macht eigentlich John Milz, dem Gewinner der ersten Staffel von „Big Brother“, der Überwachungsshow schlechthin? (Angeblich lebt er auf einem Bauernhof bei Krefeld.) All das macht Spaß zu lesen.
Doch das brisante Titelthema allein mit Humor zu nehmen, wäre zu kurz gedacht. Und so gibt es auf 144 Seiten mehr als genug ernste Texte zu lesen, die aufzeigen, durch wie viele Bereiche unseres Lebens sich die Überwachung zieht. Ist Amazons „Alexa“ eine harmlose Spielerei oder ein Abhörapparat? Woher weiß Facebook, wohin ich in den Urlaub fliege? Wie genau ist das Bewegungsprofil, das ich täglich von mir erstelle, dadurch, dass ich Smartphone, Chipkarten und Transponder mit mir herumtrage?
Das „utopische Politikmagazin“ regt in Zeiten, in denen selbst Mark Zuckerberg Laptop-Kamera und -Mikrofon mit Klebestreifen verdeckt, zum Grübeln an. Und das nicht nur mit Worten. Kater Demos besticht durch unzählige Illustrationen. Es sind düstere Bilder, von einem Meer aus Augen, das einen anstarrt, von Hammer und Sichel, die sinnbildlich für die organisierte Überwachung in der DDR bedrohlich am Himmel kleben. Oder solche, die nachdenklich stimmen: Ein fetter Payback-Punkt frisst einen Kunden im Supermarkt auf. Ein Mann baumelt als Marionette an einem Smartphone.
Und natürlich trifft man im Inneren der Zeitschrift auch auf eine ganze Horde Katzen. Von der knallgelben Titelseite grinst einen allerdings kein pelziger Vierbeiner an, sondern ein roter Furby. Ja, auch die haarigen Schnattereulen, die Ende der Neunziger in zahlreiche Kinderzimmer flatterten, standen dank eingebautem Datenchip zeitweise unter Überwachungsverdacht. Erhärtet hat sich die Vermutung nie. Aber in den Gebäuden der NSA sind Furbys – kein Spaß – bis heute strengstens verboten.
Drei Artikel für Hirn, Herz, Horizont
Hirn: „Was von Snowden übrig blieb“, S. 30-35
Raimon Klein geht der Frage auf den Grund, was sich wirklich getan hat, sei im Juni 2013 der NSA-Skandal publik wurde. Seine Antwort: wenig Gutes. In Deutschland etwa ein neues BND-Gesetz, das mit vagen Formulierungen die staatliche Überwachung mehr rechtfertigt als dass es sie reguliert. Der Autor fühlt sich ans Fleischessen erinnert: „Wenn man erst einmal zu viel weiß, macht es keinen Spaß mehr.“
Herz: „Victim Surveillance Cinema“, S. 54-57
Eine Sammlung von Filmen zum Thema Überwachung. Und dabei geht es weniger um Dokus, sondern um Hollywood. Das Thema ist populärer, als man vielleicht erwarten würde. Klassiker wie Orwells „1984“ und Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“ oder Neueres wie „Die Truman Show“ und „Minority Report“ zeigen: Überwachung hat schon immer den Nerv der Zeit getroffen.
Horizont: „Und jetzt kommst Du!“, S. 136-143
Auf den finalen Seiten der Ausgabe gibt es Tipps für den Kampf gegen die Überwachung. Welches Smartphone, welcher Messenger, welche Suchmaschine ist am sichersten? Aber Vorsicht: Manche Tricks sind nur was für fortgeschrittene Nerds. Das gilt jedoch nicht für einen Hinweis, der auch als Schlusssatz für diesen Text taugt: „Der Kampf für Privatsphäre wird nicht durch Installation eines Browsers oder einer App gewonnen, politisches Engagement muss eine große Rolle spielen.“
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