Der Google Reader wird eingestellt und die halbe Netzwelt schreit empört auf – das hat schon was von Goat-Edition-Style. Und unabhängig davon, dass viele Nutzer immer noch nicht verstanden haben, was RSS-Feeds sind oder wie sie funktionieren, möchte ich im Folgenden meinen Senf zur Thematik dazu geben.
RSS-Feeds sind toll. In Berührung damit kam ich zum ersten Mal im Jahr 2008 – und auch ich habe eine ganze Weile gebraucht, um zu kapieren, wie das Ganze funktioniert und wozu es wirklich nützlich sein kann. Für Unwissende: Dank RSS-Feeds spare ich mir den Besuch zahlreicher Webseiten, die ich ansonsten einzeln abklappern müsste. Zugegeben: Dafür gibt es heutzutage Twitter, wo ich mittels Listenfunktion schnell das Neueste meiner Lieblingsseiten auf einen Blick sehen kann.
Aber: Mit Twitter werde ich nur auf neue Inhalte aufmerksam gemacht. Um sie zu lesen, muss ich auf die Links klicken und gelange doch wieder zu der jeweiligen Webseite. Twitter ist sozusagen der Papst, der zwischen mir und… ach, lassen wir das.
Mit diesen eigenartigen RSS-Feeds jedenfalls habe ich die Möglichkeit, sofort den ganzen Artikel zu lesen – vorausgesetzt, die jeweilige Webseite hat den Artikel für die Feeds nicht gekürzt, sondern gibt ihn in voller Länge aus (wie das auf JUICED der Fall ist). Das ist nicht nur nett, sondern auch die aus meiner Sicht einzig sinnvolle Option, um gegenüber Twitter und Co. tatsächlich noch einen Mehrwert zu bieten. Denn alles was gekürzt ist, kann ich in meinen topaktuellen Twitterlisten noch schneller auf einen Blick sehen. Dafür brauche ich kein oldschool RSS.
Kommen wir zur Masterfrage des Artikels: Womit sollte man die RSS-Feeds lesen? Der wohl beliebteste Feedreader war Google Reader, der seit Oktober 2005 digital verfügbar ist – und nun Ende Juni 2013 eingestellt wird. Warum macht Google das? Tja, die Wahrheit ist trotz aller offiziellen Begründungen: Weil sie dumm sind. Natürlich wollen sie gerne hippe Social Web-Anwendungen haben, die nach und nach in ihr „soziales“ Netzwerk Google+ integriert werden. Wie das kürzlich vorgestellte Google Keep als Evernote-Alternative. Wem das nicht gefällt (viele misstrauen Google ja plötzlich), der kann stattdessen bei der Aktion „Keep Google Reader“ mitmachen. Dort haben bis heute bereits über 40.000 Leute unterzeichnet, dass sie Google Reader gerne behalten wollen. Da mutet es fast schon zynisch an, dass Googles hipper Social Web-Ersatz „Google Keep“ heißt.
Die letzten Tage kursierten also zig Artikel im Netz zu Google Reader-Alternativen. Eine Alternative habe ich dabei bisher noch nicht entdeckt – und genau die nutze ich seit 2008 mit großer Zufriedenheit: Microsoft Outlook.
Mit Microsoft Outlook verwalte ich meine E-Mails, Termine und Aufgaben – und eben auch RSS-Feeds. Das finde ich aus mehreren Gründen extrem praktisch: Zunächst einmal kann ich sowohl E-Mails als auch RSS-Feeds auf einen Schlag nach bestimmten Wörtern durchsuchen. Bei einer mindestens fünfstelligen Anzahl an E-Mails und Feedartikel dauert das trotzdem nicht länger als 3-5 Sekunden, also durchaus verkraftbar. Dann der nächste Vorteil, der sich von den meisten Cloud-basierten Anwendungen deutlich unterscheidet: Ich kann meine RSS-Feeds auch bequem offline lesen. Beispielsweise im Zug, wenn ich gerade kein Internet habe (auch aus diesem Grund sind gekürzte Feeds übrigens absolut ärgerlich). Der dritte Vorteil ist die nahtlose Integration in ein Programm: Feeds werden genauso wie E-Mails bei mir automatisch in Ordner einsortiert (natürlich getrennt voneinander), sodass ich stets den Überblick behalte und anhand der Baumstruktur auf einen Blick erkennen kann, wo es was Neues gibt. Beispielsweise habe ich einen Ordner für Newsletter, in den automatisch alle E-Mail-Newsletter reinwandern. Bei den Feeds habe ich etwa den Ordner „Journalismus“, in dem ich alle Feeds (untereinander aufgelistet) einsortiert habe, die etwas mit Medien zu tun haben.
Mit der Zeit haben sich bei mir knapp 100 Feeds angesammelt, dank denen ich die einzelnen Webseiten nicht täglich aufrufen muss, um nachzuschauen, ob etwas Neues gekommen ist. Ungelesen sind derzeit nur rund 200 Feeds, was im Vergleich zu vielen anderen (und mir früher) echt wenig ist. Man liest am Ende auch nicht alle Einträge komplett, sondern scannt nach interessanten Themen (die ich mir dann gerne markiere und bei Bedarf später nochmal lese). Wenn mich ein Thema sogar zu einem Artikel inspiriert, kann ich den Feedeintrag einfach per Drag & Drop zu den Outlook-Aufgaben ziehen und schon habe ich eine Aufgabe in meinem Kalender stehen.
Was ich mir im Laufe der Zeit angewöhnt habe:
- Nie zu lange mit dem Scannen bzw. Lesen warten. Bei 4.000+ ungelesenen Feedartikeln ist man eher frustriert und liest am Ende gar keinen davon. (Ja, ich weiß – viele von euch schaffen das problemlos in 30-60 Minuten. Mich strengt sowas an.)
- Keine Seiten als Feed zu abonnieren, die mehr als einen Artikel pro Tag veröffentlichen. Darunter fallen insbesondere alle Nachrichtenseiten. Diese verfolge ich stattdessen per Twitter, was sehr viel entspannter ist. Denn Twitter ist wie ein konstanter Strom an neuen Nachrichten. Aber im Gegensatz zu Facebook brauche ich keine Angst zu haben, etwas Wichtiges zu verpassen und muss daher nicht minutenlang in meiner Timeline nach unten scrollen.
Die beiden Tipps sind jedoch stark abhängig von den eigenen Vorlieben, Gewohnheiten und Aufgaben. Wer voll im tagesaktuellen Geschehen drinsteckt, nichts verpassen darf und stets der Erste sein muss, wird an überquellenden RSS-Feeds kaum vorbeikommen – und dagegen ist auch nichts einzuwenden. Das ist ja das Schöne an RSS-Feeds: Sie sind so herrlich unkompliziert – sobald man erst einmal verstanden hat, wie sie funktionieren.
Der Vollständigkeit halber noch eine Information: Die Feeds lassen sich problemlos aus Microsoft Outlook in eine OPML-Datei1 exportieren. Natürlich ist auch der Import problemlos möglich, falls ihr Microsoft Outlook habt und diese Variante ausprobieren wollt.
Ich selbst verwende die Feeds seit Microsoft Outlook 2007, derzeit ist bei mir die vorletzte 2010er-Version installiert. Mittlerweile gibt es ja schon Microsoft Outlook 2013, mit dem ich noch keine Erfahrungswerte habe. Aber insgesamt kann ich sagen, dass ich mit Microsoft Outlook und der RSS-Integration völlig zufrieden bin. Einzelne Feeds kann ich mit einem Klick per E-Mail an andere weiterleiten, was mir sehr gut gefällt. Kurzum: Es ist unter den Nerds und Geeks ja besonders schick, über Microsoft-Produkte zu schimpfen. Auch wenn ich das häufig für durchaus nachvollziehbar halte, finde ich es in diesem Fall unangebracht. Meinen bescheidenen RSS-Ansprüchen jedenfalls genügt Microsoft Outlook voll und ganz.
So viel dazu. Jetzt wisst ihr auch, wieso mich diese Google Reader-Thematik völlig kalt gelassen hat. Kleiner Tipp: Zu viel Cloud ist nicht immer gut. Die Daten auf der eigenen HDD abzulegen, kann durchaus Vorteile haben. Gerade heute mehr denn je.
noch ein Markus meint
mein Feedreader ist in Opera integriert.
da kann ich keine Termine und Aufgaben verwalten, aber, da ich Opera eh als Standartbrowser nutze, als reiner Feedreader komplett ausreichend.
klexx meint
Ich nutze TheBat für Email und GR bzw Feedly für RSS, da Outlook als reinen Feedreader einzusetzen ist dann doch ein bisschen Overkill.
Tom meint
Ich nutze nun http://rssly.de – scheint sehr gut zu sein. Auch die App für Android gefällt mir!
JUICEDaniel meint
@ noch ein Markus: Ja, der Feedreader von Opera wäre vermutlich meine zweite Wahl. Ich fand ihn schon vor Jahren nicht schlecht (hatte hier auf JUICED darüber gebloggt), aber alles in MS Outlook zu haben, finde ich noch einen Tick praktischer.
@ klexx: Ja, Outlook nur als Feedreader einzusetzen, wäre in der Tat etwas überdimensioniert. „TheBat“ habe ich noch nie gehört. Ist es das hier? http://www.ritlabs.com/de/products/thebat/interface.php (Interessante Bezeichnung, „Bildschirmausdrücke“) Was ist das Besondere daran?
@ Tom & Co: Weitere Alternativen findet ihr u.a. hier: http://meedia.de/internet/die-besten-alternativen-zum-google-reader/2013/03/14.html
Torsten meint
Opera als Feedreader ist total ausreichend. Die Feeds können sogar gruppiert werden etc, eben so Basicsachen.
Zu der Frage wo es Sinn macht, sehe ich das so wie du. Bei Seiten die unregelmäßig bzw. selten neue News einstellen.
Struppi meint
Jeder hat sicher andere Vorlieben und abläufe, daher möchte ich meinen Senf zum Artikel dazu gebebn. Natürlich aboniere ich die Feeds von Zeitungen und sehr aktiven Inhalte,Am liebsten mache ich es so, dass ichj z.b. SPON und diverse Tageszeitungen als aktive Lesezeichen im Firefox abspeicher und dort in meiner Lesezeichen Symbolleiste in einen Ordner (Feeds oder Nachrichten) ziehe. Dadurch habe ich immer eine Übersicht über alle aktuelle Überschriften, aus denen ich dann die für mich interessanten Artikel auswähle und diese auf den Seiten dann lese.
Twitter finde ich dafür absolut unbrauchbar, dort will interessante Sachen finden, die aber auch mal ein paar Tage unbeobachtet sein dürfen. Tagesaktuelle News sollen für mich direkt zugreifbar sein.
Für Feeds die nicht so häufig aktualisiert werden, benutze ich dann ein Browser Plugin (Briefly). Das ganze hat denn Vorteil, dass ich nicht zwischen Browser und email Client wechseln muss. Für mich gehören Feeds in den Browser nicht in einen Emailprogramm.
Wobei aber die meisten die über die Schließlung von google reader klagen, die Synchronisation mit verschiendenen Geräten vermissen und das kann auch meine Methode nicht.