Wie der Film, so das Buch: Ein furchtbar beklommenes Gefühl ergriff mich beim Lesen von Flucht aus Lager 14, einem Buch, das schrecklicher ist als alles andere, was ich bisher gelesen habe. Warum? Weil es sich hier um keinen ausgedachten Roman oder altertümliche Geschichte handelt – sondern um grausame Realität, um brutale Wahrheit.
Darum fällt es mir manchmal sehr schwer, darüber zu reden. Und häufig macht es mich furchtbar wütend, wie ignorant unsere westliche Gesellschaft gegenüber den dort herrschenden Zuständen Missständen ist. Wie also soll ich ein Buch rezensieren, das so unbeschreiblich erschütternd ist, dass man es am liebsten gar nicht wissen will, aber doch jeder wissen sollte?
Escape from Camp 14, auf Deutsch Flucht aus Lager 14, ist solch ein Buch. Wie schon so oft ist es besser als der Film, den ich bereits rezensiert habe (Camp 14: Shin Dong-Hyuk war in der Hölle ohne es zu wissen). Damals schrieb ich:
Beklommen verlasse ich das Kino. Mir steckt ein Kloß im Hals, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Zu unwirklich wirkte der Dokumentarfilm Camp 14 über den nordkoreanischen Flüchtling Shin Dong-Hyuk auf mich.
Was soll ich da erst zum Buch sagen? Darin ist alles weitaus ausführlicher und damit intensiver erzählt; schreckliche Details werden hier und da ergänzt und man bekommt einen guten Einblick in die Situation innerhalb von Nordkoreas Arbeitslagern, das Land selbst und die chinesische Grenzregion. Ergänzt wird das Buch von erklärenden Abschnitten über die politischen und wirtschaftlichen Machenschaften, die dieses korrupte System der zutiefst menschenverachtenden Diktatur aufrechterhalten.
Worum geht es in dem Buch? Unsere Redakteurin Debora hat den Inhalt für uns zusammengefasst:
Eben diesen Film rezensierte ich Anfang Dezember vergangenen Jahres für JUICED. Der Artikel endete mit den Worten:
Beklommen verlasse ich also das Kino und weiß nicht wirklich, was ich mit dem Film anfangen soll. Entsetzt, schockiert, frustriert – wie gelähmt setze ich mich in die U-Bahn und fahre heim. Das Einzige, was ich derzeit tun kann, ist darüber zu schreiben und auf diese Weise auf die Missstände aufmerksam zu machen.
Auch nach dem Lesen der englischsprachigen Ausgabe des Buchs stehe ich hilflos vor diesem gigantischen Berg an Elend – und fühle mich ebenso. Ohnmächtig gegenüber dieser Ungerechtigkeit, gegenüber diesem Leid, gegenüber dieser Ignoranz. Was muss noch alles passieren, bis wir uns endlich für ein Ende dieser menschenverachtenden Diktatur einsetzen? Wie lange wird dieses korrupte System noch ungehindert Unschuldige in Arbeitslager stecken können? Wann erheben wir endlich unsere Stimme und verleihen unserer in dem Fall tatsächlich angebrachten Empörung Ausdruck?
Kurzum: Ähnlich wie bei Robert Enke ist das Buch Flucht aus Lager 14 so erschreckend gut, dass ich keinen Grund finden kann, es nicht uneingeschränkt weiterzuempfehlen. Sicher, es ist grausam und schockierend zu lesen, wozu Menschen imstande sind. Und zwar heute noch, im 21. Jahrhundert! Aber gerade deshalb ist es so lesenswert, weil es die Augen öffnet für das, was in unserer Welt tagtäglich hinter den verschlossenen Grenzen Nordkoreas passiert: für die Realität, für die Wahrheit.
Dick meint
Ich finde es gut, dass du darüber schreibst.