Schon seit über 60 Jahren befinden sich Nord- und Südkorea nominell im Kriegszustand. Dennoch – oder gerade deshalb – ist eine Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea nicht nur unausweichlich, sondern auch zwingend erforderlich.
Unterirdische Atomtests, Inseln unter Raketenbeschuss, Zerstörung von Kriegsschiffen: Schon seit Jahren macht sich Nordkorea bei Nachbar Südkorea so richtig unbeliebt. Vor allem bei der südkoreanischen Bevölkerung kommen diese Provokationen gar nicht gut an. Die Folge ist eine immer höhere Ablehnung oder Gleichgültigkeit gegenüber einer potenziellen Wiedervereinigung mit dem Norden.
Ein Blick auf die Zahlen macht deutlich, warum so viele Südkoreaner kein ernsthaftes Interesse an einer Wiedervereinigung haben: Südkorea ist wirtschaftlich gesehen 38 Mal stärker als der Norden; sein Außenhandelsvolumen ist 224 Mal größer.1 Und spätestens die Kosten einer Wiedervereinigung stellen für viele Südkoreaner eine Rechtfertigung ihrer ablehnenden Haltung dar: Südkorea müsste zweieinhalb Mal so viel Geld in Nordkorea stecken wie Westdeutschland in Ostdeutschland, ermittelten Studien2. In Zahlen ausgedrückt wäre das mehr als zwei Billionen US-Dollar über einen Zeitraum von 30 Jahren. Um diese Kosten zu stemmen, wären sechs Jahrzehnte lang Steuererhöhungen fällig; zehn Prozent des südkoreanischen Bruttoinlandprodukts würde in den Norden fließen.
Angesichts dieser Zahlen muss man sich wirklich fragen, ob eine Wiedervereinigung nicht nur sinnvoll, sondern auch machbar ist. Doch aus meiner Sicht ist das die falsche Frage. Die Frage nach der Wiedervereinigung ist nämlich in erster Linie keine wirtschaftliche, sondern eine menschliche und moralische Frage. Und da kann es aus meiner Sicht nur eine Antwort geben: Ja, die Wiedervereinigung zwischen Nord- und Südkorea ist nicht nur unausweichlich, sondern auch zwingend erforderlich. Deutlich wird dies am Vergleich West- und Ostdeutschlands: Hier war ein Land gespalten, das zusammengehört. Menschen lebten in Trennung, obwohl sie vereint sein sollten. Im Osten herrschten Überwachung und Einengung statt Vertrauen und Freiheit, ähnlich wie in Nordkorea. Dass die Lage in Nordkorea mittlerweile noch viel schlimmer ist, ist kein Grund gegen eine Wiedervereinigung, sondern für eine Wiedervereinigung. Auch aus ökonomischer Sicht: Je länger es dauert, desto teurer wird es.
Nordkoreas Zusammenbruch nur eine Frage der Zeit
Dass die nordkoreanische Diktatur eines Tages zusammenbrechen wird, steht für viele Experten außer Frage. Manche geben Kim Jong Uns Regime zehn bis 15 Jahre, ehe es kollabieren soll. Zu viele Menschen in Nordkorea verhungern, erfrieren oder sterben in Gefängnissen und Arbeitslagern. Es ist eine Schande für die Menschheit, dass wir das einfach hinnehmen oder ignorieren. Öffentlicher Protest? Friedliche Demonstrationen? Fehlanzeige! Zur wöchentlichen Mahnwache vor der nordkoreanischen Botschaft in Berlin erscheinen gerade einmal zehn bis 20 Teilnehmer. Erschreckend wenig. Erschreckend ist auch das himmelschreiende Schweigen der politischen Entscheidungsträger und Massenmedien, die zwar gerne mal Atomtests von Nordkorea kritisieren, aber kaum auf die menschenverachtenden Zustände im Landesinneren hinweisen geschweige denn etwas dagegen unternehmen.
Ungeachtet des allgemeinen Desinteresses an den grausamen Zuständen in Nordkorea ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Diktatur Kim Jong Uns ein Ende findet. Unklar dabei ist, ob es vorher nochmal zu einem Krieg zwischen Nord- und Südkorea kommt. Die Grenzen sind heftig bewacht, das Militär in dauerhafter Alarmbereitschaft, das Land seit dem 25. Juni 1950 offiziell im Kriegszustand3. Derzeit gibt es zwar keine aktiven Gefechte, aber wenn es dazu käme, hätte dies verheerende Folgen. Nicht nur abertausende Tote auf beiden Seiten, sondern vor allem die Folgen der Bitterkeit, Verletzung und des Hasses wären fatal. Eine Aussöhnung würde viel Zeit benötigen, wenn nicht im schlimmsten Fall unmöglich werden.
Wie könnte es zu einem gewaltfreien Zusammenbruchs Nordkorea kommen? Eine Möglichkeit wäre es, alle Hilfsgüter von Südkorea, den USA und internationalen Hilfsorganisationen an Nordkorea einzustellen. Aber solch ein Gedanke ist grausam, da auf diese Weise noch mehr Nordkoreaner an Hunger sterben würden. Problematisch ist, dass derzeit nicht kontrolliert wird, wer die Hilfsgüter bekommt. Ein Großteil erreicht daher vermutlich nur die Oberschicht in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang. Die Hilfsgüter erhalten also eine menschenverachtende Diktatur aufrecht, deren Grauen und Unrecht sich vermutlich die wenigsten von uns auch nur ansatzweise vorstellen können. Auf diese Weise sterben mittel- bis langfristig mindestens genauso viele Nordkoreaner, nur ein wenig langsamer.
Es bleibt abzuwarten, welchen Kurs die neue südkoreanische Präsidentin Park Geun Hye einschlagen wird. In ihrer Antrittsrede am vergangenen Montag kündigte sie an, „durch eine Politik des gegenseitigen Vertrauens die Grundlage für die Vereinigung mit dem kommunistischen Nachbarland schaffen zu wollen“. Südkoreas ehemaliger Präsident Lee Myung Bak stellte nach gewonnener Wahl 2008 zunächst nahezu alle Hilfsgüter an Nordkorea ein – jedoch ohne nennenswerten Erfolg.
Nordkorea, wen interessiert das schon?
Als der Flüchtling Shin Dong Hyuk zunächst in Südkorea seine Memoiren über sein Leben im nordkoreanischen Arbeitslager Camp 14 veröffentlichte, war das Interesse daran erschreckend gering: Lediglich 500 Exemplaren wurden verkauft. Auch Kang Chol Hwans zehnjährige Gefangenschaft in Camp 15 interessierte zunächst wenige Südkoreaner. Erst als kein geringerer als George W. Bush dessen ins Englische übersetzte Buch „The Aquariums of Pyongyang“ las, wuchs das Interesse. Bush bezeichnete das Buch als „one of the most influential books I read during my presidency“.4
Shin Dong Hyuk kritisierte das Desinteresse der südkoreanischen Bevölkerung an den Missständen in Nordkorea stark:
“I don’t want to be critical of this country, but I would say that out of the total population of South Korea, only .001 per cent has any real interest in North Korea. Their way of living does not allow them to think about things beyond their borders. There is nothing in it for them.”
Auch wenn die Zahl übertrieben ist, wird deutlich, was er meint. Ein auf den eigenen Vorteil bedachtes Denken, verständlich, aber dennoch bedenklich. Bei der Wahl des neuen Präsidenten 2007 gaben in einer Umfrage lediglich drei Prozent der Bevölkerung Nordkorea als ihr Hauptanliegen an. Die Mehrheit stimmte für „mehr Gehalt bekommen“. Wenn das für die südkoreanische Bevölkerung am wichtigsten ist, ist eine Wiedervereinigung mit dem Norden in der Tat nutzlos (für sie). Und die Angriffe Nordkoreas verstärken die Ablehnung oder Gleichgültigkeit der Südkoreaner gegenüber einer Wiedervereinigung mit dem Norden nur weiter.
Südkorea will einen Krieg mit Nordkorea unbedingt vermeiden. Das ist lobenswert. Weniger löblich jedoch ist die Begründung dafür: „Unser Land ist reicher und klüger als Nordkorea. Wir müssen den Verstand anstatt Konfrontation verwenden“, sagte ein 27-jähriger Südkoreaner. Zu Deutsch: Es hat keinen Vorteil für Südkorea, Krieg mit dem armen und dummen Nordkorea zu führen. Das zeigt einmal mehr, dass viele Südkoreaner nur auf den eigenen Vorteil bedacht sind.
Als ich 2007 für sechs Monate in Südkorea war, habe ich viele Koreaner kennengelernt, die leidenschaftlich für eine Wiedervereinigung waren. Ich weiß nicht, wie sich die Situation seitdem verändert hat. Aber ich vermute, dass die Befürwortung der Bevölkerung kontinuierlich abnehmen dürfte. Die junge Generation – Gangnam Style lässt grüßen – hat keinen Bezug mehr zum Norden (manche ältere Südkoreaner haben noch Verwandten im Norden) und bei der älteren Generation dürfte die Hoffnung schwinden – und die Sorge vor den anfallenden Kosten einer Wiedervereinigung zunehmen. Der US-amerikanische Journalist Blaine Harden schreibt in seinem Buch „Escape from Camp 14“ (dt. Flucht aus Lager 14):
“South Koreans want reunification with the North, but they do not want it right away. Many do not want it during their lifetimes, largely because the cost would be unacceptably high.”
Hier kann ich mich nur wiederholen: Die Wiedervereinigung sollte nicht aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten, sondern aus menschlichen und moralischen betrachtet werden. Dann kann es nur eine Erkenntnis geben: Früher oder später muss es zwangsläufig zu einer Wiedervereinigung kommen. Besser früher.
- Moon Ihlwan, „North Korea’s GDP Growth Better than South Korea’s“, Bloomberg Businessweek (30. Juni 2009) ↵
- Blaine Harden, Escape from Camp 14, S. 199 ↵
- Seit Ende des Koreakrieges 1953 wurden lediglich ein Waffenstillstand und ein Nichtangriffspakt abgeschlossen (Wikipedia) ↵
- George W. Bush, Decision Points (New York: Crown, 2010), S. 422 ↵
M. Daniel meint
interessanter Beitrag. Danke dafür.
Auch ich kann viele Südkoreaner nicht verstehen, die zu häufig nur materiell denken und auf seinen Vorteil bedacht sind. Gerade „Gangnam-Style“ kritisiert ja diesen Makel der Südkoreaner. In der sehr kapitalistisch-leistungsorientiertem Land ist eben nur wenig Platz für Mitgefühl für andere und scheinbar sind die Landsleute im Norden schon zu weit weg.
Man sieht auch die Schwierigkeit daran, dass viele nordkoreanische Flüchtlinge im Süden sehr schwer klar kommen. Zwar versucht dortige Regierung diese Menschen zu helfen, aber vom einfachen Volk werden die Nordkoreaner als „minderwertige“ Klasse betrachtet. Von den Kindern gehänselt, weil sie in der Schule die einfachsten Sachen nicht können usw. Aber Sie sehen nicht, dass in Nordkorea fast die Hälfte der Zeit für Propaganda verwendet wird.
Dass viele der Südkoreaner die Einsicht vertreten, dass sie zwar generell eine Wiedervereinigung wünschen sie aber nicht viel kosten darf, hat vielleicht die Ursache in dem deutschen Beispiel zu suchen. Sie haben die Wiedervereinigung Deutschlands mit Interesse verfolgt und waren abgeschreckt was die Wiedervereinigung in Deutschland gekostet hat und wie die Leute in Deutschland darauf reagiert haben. Südkoreanische Zeitungen haben die Kosten dann auf koreanische Verhältnisse umgerechnet und haben festgestellt, dass für Korea erheblich schwieriger ist, weil Nordkorea viel ärmer als damalige DDR und Südkorea nicht so stark wie damalige BRD ist – außerdem war ja BRD vielfach größer als DDR.
Ein weiteres Problem ist, dass die Trennung schon sehr lange gedauert hat und die Vorurteile in den Menschen bereits manifestiert ist. Es gibt nur noch wenige Familien, die voneinander getrennt leben, weil diese Menschen mit der Zeit nach und nach verschwinden, fehlt auch der wichtige Bezug.
Ich glaube kaum, dass von Innen heraus Nordkorea zusammenbrechen wird, wie damals DDR. Dazu fehlt erstens eine politische Voraussetzung (ein chinesischer Gorbatschow fehlt und die Chinesen wollen Nordkorea solange kontrollieren, bis sie Taiwan nach China geholt haben außerdem wollen sie eine Pufferzone zu US-kontrollierten Süden haben. Zweitens wird das Volk mit brachialer Gewalt unterdrückt, Gehirnwäsche betrieben und dortiges Regime hat die Militär fest in der Hand (Militär ist denen wichtiger als das einfache Volk, weswegen Militär-Angehörige besser versorgt werden). Daher glaube ich kaum an einen Putschversuch durch dortige Miltärs. Drittens ist Süden an Destabilisation im Norden nicht interessiert. Es ist für sie besser einen „verrückten“ Diktator zu haben, der aber berechenbar ist als wenn irgend ein General an die Macht kommt, der dann die militärische Fähigkeit von Norden überschätzt und vielleicht Süden überrennen versucht.
Daher glaube ich, dass es am Ende so ausgehen wird, wie viele Südkoreaner glauben. Die Wiedervereinigung wird geben aber sie wird sehr viel Zeit benötigen.
JUICEDaniel meint
Hallo M. Daniel,
vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar, dem ich weitestgehend zustimme. Sehr gute Gedanken, eine wertvolle Ergänzung zu meinem Kommentar!
Was Gangnam Style anbelangt: Ich vermute stark, dass den wenigsten Deutschen bewusst ist, dass es eine Kritik an diesem verschwenderischem Lebensstil der Südkoreaner sein soll. Für die meisten ist es ein herrlich-verrücktes Tanzlied, bei dem die Welt richtig Party machen kann…
Das wird auch im Buch „Escape from Camp 14“ von Blaine Harden beschrieben bzw. kritisiert das Shin Dong Hyuk sehr stark. Definitiv ein großes Problem.
Ja, das stimmt. Daher auch mein Satz: „Auch aus ökonomischer Sicht: Je länger es dauert, desto teurer wird es.“ Denn Nordkorea ist in der Tat schon deutlich stärker heruntergewirtschaftet als es die DDR war – die Kosten sind enorm. Viele sagen, dass West- und Ostdeutschland daher nicht mehr vergleichbar sind. Ich denke aber trotzdem, dass es vergleichbar ist (heißt ja nicht, dass es identisch ist). Zumindest einen besseren Vergleich wird Korea so schnell nicht finden.
Ja, das schreibe ich auch in meinem Kommentar oben: „Die junge Generation – Gangnam Style lässt grüßen – hat keinen Bezug mehr zum Norden“ Das wird mit jedem Jahr sicher ein größeres Problem. Ohne persönliche Betroffenheit wird es immer schwieriger, einen Bezug zu Nordkorea herzustellen. Der aber ist notwendig, damit eine Wiedervereinigung gelingen kann. Denn die Wiedervereinigung ist eben wie schon gesagt in erster Linie keine ökonomische Frage, sondern eine gesellschaftliche, soziale Frage. Denn die Gesellschaft muss dahinterstehen, die Kosten tragen (wollen) und vor allem die Nordkoreaner dann auch integrieren (wollen) und nicht als Menschen zweiter Klasse betrachten.
Ich glaube auch, dass die Wiedervereinigung sehr viel Zeit benötigen wird. Gerade auch, weil die nordkoreanische Bevölkerung, wie du schon gesagt hast, systematisch gebrainwasht wurde. Und das mittlerweile schon seit mehreren Generationen. Hier wird enorm viel Seelsorge notwendig sein – etwas, wofür der Süden ja leider auch nicht gerade bekannt ist (Therapeutische Hilfe etc. wird in Südkorea ja eher als Schwäche angesehen und dementsprechend verachtet).
Was deine Gedanken zum inneren Zusammenbruch anbelangt, kann ich dir nur zustimmen. Nur das mit dem „verrückten Diktator“ glaube ich eher weniger, da er ja ständig Atomtests durchführt. Etwas, das den Süden sicher beunruhigt, haben sie es doch mit einem „verrückten“ Diktator zu tun. Und dem vertraut niemand gerne Atomwaffen an.
Stefan Oberholzer meint
Also Leute, einer der Gründe warum eine Wiedervereinigung im Augenblick nicht denkbar ist, ist auch in Eurem Schwachsinn, den Ihr beide hier im Internet verzapft zu finden, zumindest was den Ansatz angeht.
Habe versucht Eure Beiträge ein zweites Mal genauer zu lesen, doch bereits beim ersten Mal lies mir eure typische möchte gerne weltverbesserische westliche und nicht angebrachte Präpotenz das Blut in den Schläfen kochen.
Wie kommt Ihr Westler drauf, dass eure Meinung gefragt ist in puncto ja/nein, gut/böse bezüglich Nordkorea. Wenn Ihr irgendwo demonstrieren wollt, dann macht das doch vor der Amerikanischen Botschaft, die seit Jahrzehnten das Embargo gegen Nordkorea durchsetzt und aufrecht erhält.
Es ist die gleiche präpotente Art mit der man auch China, ohne das Land tatsächlich zu kennen, vorschreiben will, wie es die 1,5 Milliarden Menschen zu regieren hat.
Nur weil wir Eisbein mit Sauerkraut füttern, dann sollte die Welt, bzw. Nordkorea dies auch tun, denn wir sind ja die Herrenmenschen.
In deinem Artikel, bringst du eloquent mehrmals wichtige Punkte hervor, warum eine Wiedervereinigung nicht denkbar ist, dennoch kommst Du zum falschen Ergebnis.
Wiedervereinigung? Ja wisst Ihr was das überhaupt heisst? Nur weil Eure Politiker Idioten waren und die DDR hirnlos annektiert haben, ohne auf die Menschen auf beiden Seiten Rücksicht zu nehmen, sollten die Koreaner (bewusst beide Seiten gemeint) den gleichen idiotischen Fehler abspulen?
Die Wiedervereinigung hat weder der DDR und schon gar nicht der BRD gut getan – leider sind Eure Politiker derzeit drauf und dran ganz Europa mit ihrer Dummheit zu zerstören, indem sie ohne Hirn den Euro in den Abgrund treiben, aber das ist ein anderes Thema.
Warum Wiedervereinigung, wisst Ihr was das bedeutet? Das bedeutet, dass mehrere Hunderttausend Nordkoreaner über Nacht stigmatisiert und als Verbrecher abgestempelt werden, da sie aus Mangel an anderen Möglichkeiten einem nicht vollkommenen Regime gedient haben.
Die Kosten sind nicht die Frage, nur wenn wir schon von Wiedervereinigung sprechen, dann warum nicht ein Neu-Korea unter der Herrschaft von Kim? Würde Nordkorea nicht systematisch von allen wirtschaftlichen Transaktionen von Onkel Sam abgeschnitten werden, dann hätten die vielleicht mehr als nur ein BNP von 14 Milliarden und auch die Möglichkeit gegen eigene Ressourcen Nahrungsmittel einzukaufen. Dann wäre vielleicht das Leben nicht so, wie es derzeit kolportiert wird.
Würde man nicht andauernd davon reden, das Kim Yong Un „weg gehört“, dann müsste dieser nicht andauernd um seine Position Angst haben und sich mit Atomtests eine fragwürdige Sicherheit künstlich aufbauen.
Habt ihr Euch mal ein wenig mit der Geschichte Nordkoreas auseinandergesetzt? Dass Korea seit Jahrtausenden unter der Herrschaft der Chinesen und Japanern unterjocht und ausgebeutet wurde, ist Euch wohl nicht bekannt, dass der besagte und faktisch noch aktive Krieg durch das Zutun und Einmischen der Chinesen und Russen überhaupt zustande gekommen ist, und dass wenn diese Mächte sich nicht eingemischt hätten, Korea vielleicht noch ganz geblieben wäre und sich wie Vietnam heute langsam aber stetig hätte entwickeln können.
Hätten die Chinesen 1950 das gewusst was sie 20 Jahre später in Vietnam gewusst haben, dann wäre Korea niemals in einen Krieg getrieben und sich selbst überlasen worden, denn das ist das größte Problem und auch ein wichtiges Hindernis einer Wiedervereinigung – nämlich dass „Großvater Ping“ nicht den Onkel Sam unmittelbar vor seiner Hütte haben möchte, was durch das Verhalten der Amis weltweit nicht zu verdenken ist und die Folge einer Wiedervereinigung unter südlicher Aufsicht wäre.
Wenn wir schon davon sprechen, habt ihr euch alle die den Finger gegen Nordkorea erhebt und den Kopf gegen Westen senkt, mal überlegt wie viele Hunderttausende Menschen in Indonesien in den 60er Jahren mit der Mithilfe und Führung der Amis hingeschlachtet wurden, weil diese ein kommunistisches Gedankengut verfolgt hatten?
Dass Deutschland so gut wie nur mehr auf dem Papier eine Wirtschaftsmacht ist, und um ein Haar den Bach runtergegangen ist, will den wenigsten bekannt sein, da die Verschuldung wie die gesamte Wirtschaftskrise auf dem Papier schöngeschrieben wird.
Dass eine Wiedervereinigung immense Schulden beim IMF und der Weltbank für eine ganze Ewigkeit mit sich bringen würde, kann man nicht schönschreiben. Wer sich hinter den beiden benannten Akteuren befindet, darf man 3 mal raten, ok, call me Sam…
Als Deng Xiaoping in den 70ern China eröffnete, ging das wie in Russland unter Gorbi von Innen heraus und nicht durch die Zusprüche minderinformierten und kurzsichtigen Außenstehenden.
Das Internet ist wie Papier geduldig, jeder Trottel darf seinen Blog veröffentlichen, dennoch wäre es in Eurem Fall und bei diesem Thema angebrachter ein wenig mehr nachzudenken, und erst nachdem man sich ausreichend über alle Akteure informiert hat mit kategorischen Ratschlägen einen derartigen Mist verzapfen.
Wenn Ihr demonstrieren wollt, dann macht das vor Onkel Sam´s Hütte/Botschaft, dass er sich aus Südkorea zurückzieht und beide Seiten ohne Einmischung von außen zu einem Miteinander finden können.
China hat es richtig vorgemacht, ein Land – mehrere Systeme, Hong Kong, Macao, Festland, alle können nebeneinander und miteinander leben. Zur Jahrtausendwende sprachen auch alle in China von einer gewaltsamen Annektierung Taiwans – was wenige Ausländer und Westler heute wissen, wurden auch Streitkräfte in China vor dem 01.10.99 mobil gemacht um den letzten Wunsch von Deng Xiaoping zu erfüllen und ganz China vor dem neuen Jahrtausend wiederzuvereinigen. Wäre das verherrende Erdbeben nicht gewesen, wer weiß was geschehen wäre.
Zusammengefasst, Nordkorea ist nun mal ein eigener Staat, und egal wie man zu den kolportierten Gräueltaten stehen mag, erstens ist kein Land der Welt frei von menschenverachtenden Lorbeeren, und zweitens muss man NK dennoch mit dem nötigen Respekt behandeln. Nur dann kann man eine menschliche Lösung herbeiführen, ohne Krieg und ohne Wirtschaftssanktionen, wenn man sich auf Augenhöhe und mit dem nötigen Respekt trifft.
Um das zu erreichen, wäre es angebracht, wenn wir alle, auch die Amis anfangen mal im eigenen Land aufzuräumen, anstatt sich in fremde Angelegenheiten einzumischen – ich schreibe Euch auch nicht vor wie Ihr Euer Wohnzimmer zu gestalten habt.
Abschließend schaut Euch mal auf Youtube was im Land of the Free unter Menschlichkeit verstanden wird, v.a. dann wenn Ihr Police Brutality eingebt.
A. meint
Ich habe überlegt, diesen letzten Ausbruch hier zu kommentieren. Ich will mich nicht als Authorität darstellen, aber als Asienwissenschaftler mit Landeserfahrung über mehrere Jahre könnte ich zumindest einiges über den historischen Teil sagen. (Korea, bzw. seine Vorgängerreiche, waren zwar lange Zeit China gegenüber tributpflichtig, aber was das konkret bedeutet, sollte man sich mal genauer anschauen. „Unterjochung“ ist definitiv keine sehr treffende Bezeichnung. Großes Thema …) Aber eigentlich hat dieser Protest gar nichts mit Wissenschaftlichkeit zu tun, und auch nicht direkt mit Korea – es ist eher eine Kritik am Westen, vor allem der USA. Die kann man äußern, aber was hat das mit dem Thema zu tun? Eine Änderung der Lage in Ostasien tut allgemein Not – das kann man an den Konfliktlinien zwischen den beiden Koreas, China und Japan mehr als deutlich sehen – so wie es derzeit läuft, läuft es nicht gut. Dazu müsste sich vieles verändern, und der Gedanke an eine koreanische Wiedervereinigung liegt nahe. Ich denke aber auch, dass die Wiedervereinigung Taiwans mit China, allen gegenwärtigen Differenzen zum Trotz, eher kommen wird.
Franjo meint
Stefan Oberholzer macht es sich zu einfach, wenn er alle Länder um Nordkorea herum zu den Verursachern der Not in Nordkorea erklärt. Das stimmt aber so nicht. Nordkorea ist mittlerweile so bettelarm, dass es seine Nachbarstaaten nicht einmal geschenkt haben möchten, weil der Wiederaufbau zu teuer ist und der Return of Invest in unabsehbarer Zukunft ungewiss ist. Im ersten Schritt kann die eigene Not innerhalb Nordkoreas das Land selbst beseitigen, indem es sein Militär abschafft (drei Millionen Soldaten und ein Atomprogramm) und die dann freien Ressourcen zur Versorgung der eigenen Bevölkerung nutzt. Damit entfallen alle Sanktionen und Nordkorea kann sich langsam wieder aufrappeln. Damit braucht auch Südkorea weniger für sein Militär auszugeben und kann die freien Mittel Nordkorea als Wiederaufbauhilfe zukommen lassen.
PS: Ich wusste nicht, was das Wort „kolportiert“ heißt. Ich habe nachgeschlagen und es heißt „gerüchteweise“. Gerüchte gedeihen immer gut, wenn man keine Freiheit im Lande hat. Viele Deutsche wussten im Dritten Reich auch nicht, dass Juden millionenfach abgeschlachtet wurden – wer wollte, hat Gerüchten Glauben schenken können – offiziell stand so etwas nie in der Zeitung.
Da kein Land frei von Menschenrechtsverletzungen ist, kann doch Nordkorea selbst als leuchtendes Beispiel voran gehen. Das wäre doch sicherlich auch im Sinne von Stefan Oberholzer. Es würde eine weltweite Achtung bekommen und die Hilfsgüter würden sprudeln. Und das alles ohne einen Pfennig auszugeben und viel Militärkosten dabei zu sparen.