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Leser-Interaktionen

Kommentare

  1. Hi Mirco,

    wow, deinen Artikel habe ich mit großem Gewinn gelesen. Vielen Dank – da stecken sehr viele kluge und lehrreiche Gedanken drin. Wirklich eine Bereicherung! Als Fan von Bildung freue ich mich also über deine ausführlichen Darstellungen zu diesem komplexen Thema.

    Dein Artikel hat mich zu zwei Gedanken geführt, die ich gerne noch anmerken möchte und die vielleicht auch in eine fruchtbare Diskussion münden könnten:

    1. Für mich ist gar nicht entscheidend, wie viel man lernt (Quantität), sondern was und wie man lernt (Qualität). WAS: Ich wünsche mir z.B. Medienkompetenz und Informatik als Pflichtfächer in allen Schulen. Leider lässt sich das aufgrund des Lehrermangels in diesem Bereich nur schwer umsetzen. E-Learning könnte hier aber weiterhelfen. Korea scheint da mit E-Books schon deutlich weiter zu sein.

    WIE: Ich wünsche mir, dass wir uns nicht nur Wissen ansammeln, sondern auch lernen, es zu verstehen und anwenden zu können. Und hier sehe ich in Korea ein noch größeres Defizit als in Deutschland. Selbstständig, frei und kreativ(!) denken – das fällt Koreanern im Allgemeinen meiner Meinung nach schwerer als uns Deutschen. Aber auch hier sehe ich viele Defizite bzw. viel Entwicklungspotenzial nach oben. Kreative Fächer wie Kunst verlieren zunehmend an Wert, was ich sehr schade finde. Gerade nichtmessbare Fächer empfinde ich als sehr wertvoll für Zwischenmenschliches und Förderung von Empathie oder emotionale Intelligenz.

    (In Korea habe ich den Eindruck, dass jeder gleich sein möchte – und dass Bildung vor allem auf Wissensvermittlung bzw. -aneignung ausgelegt ist. Beispiel gefällig? Die Koreanerin, die eine Private Academy in Seongnam leitete, an der ich ein halbes Jahr lang mitarbeitete, hatte „English“ studiert. Ihr Studium bestand u.a. daraus, ein Englischwörterbuch auswendig zu lernen. Mit 50.000 Vokabeln. Hinterher konnte sie jeden noch so wissenschaftlichen Text perfekt verstehen/übersetzen – aber sprechen konnte sie trotzdem nur ganz schlecht.)

    2. „Sie geben den Kindern einfach zu viel Freiraum, so dass viele nicht wissen mit der Zeit vernünftig umzugehen.“ Kennst du das Buch „Liebe Sophie!: Brief an meine Tochter“? enn du das liest, wirst du womöglich deine Meinung ändern. Viele Eltern sind heute übervorsichtig mit ihren Kindern. Warum, darüber lässt sich streiten. Aber dass es so ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Vermutlich hängt das auch von der Anzahl der Kinder und dem Bildungsstand bzw. sozialen Stand ab. Es gibt natürlich beide Extreme, also auf der anderen Seite auch viele Eltern, die vielleicht gar nicht mehr die Zeit für ihre Kinder haben (oder sich nehmen), z.B. weil sie arbeiten müssen oder sich überfordert fühlen.

  2. Hallo Daniel,

    viellen Dank für deinen Kommentar.

    Zu Punkt 1:
    Ich finde, dass die Fächerzusamensetzung in den Schulen angepasst werden sollte. Ist es so wichtig, die Schüler eine zweite oder gar eine dritte Fremdsprache in der Schule lernen müssen? Über den Sinn von Religion in der Schule kann man auch lange streiten, in einer Zeit, wo immer mehr Menschen aus der Kirche austreten. Wie du schon richtig erwähnst, könnten anderen Fächern mehr Beachtung geschenkt werden. Auch sollte man nicht allszu sehr auf die unterschiedlichen Fächer schauen: In Finnland gibt es so klare Trennung zwischen den Fächern wie in Deutschland oder in Südkorea nicht. Dort lernt man im Sprachunterricht etwas über die Geschichte oder man lernt im Physikunterricht über Geographie und Mathematik.

    Deine Kritik, des „Auswendiglernens“ in Südkorea kann ich nur unterstreichen. Dieser Punkt habe ich in dem Artikel nicht erwähnt, weil er so häufig in den Medien kritisiert wird (auch in Südkorea) und bekannt ist. Das Problem des „Auswendiglernens“ ist zum einen auf historische Ursache zurückzuführen: Im alten Korea mussten Studenten vor allem die chinesischen Schriften studieren. Das Studium bestand aus Lesen (Chinesisch), Auswendiglernen und Interpretation der Texte. Auch heute wird Hanja (chinesisches Zeichen) in den Schulen beigebracht.
    Viele südkoreanische Schüler gehen in die Hagwons, wo Englisch beigebracht wird. Der Zusatzaufwand bedeutet nicht – wie du schon richtig geschrieben hast – dass die Schüler gut Englisch sprechen. Nein das Gegenteil ist der Fall. Zum einen ist die englische Sprache für die Koreaner schwieriger als für die Deutschen. Zum anderen – und da hast Du wieder richtig erkannt – lernt man eine Sprache nicht, in dem man die ganzen Vokabeln auswendig lernt, sondern sie tagtäglich praktiziert. Südkoreanische Studenten, die die Möglichkeit haben in den USA zu studieren, sprechen auch ziemlich gut Englisch. Aber in einer ziemlich homogenen Gesellschaft, wo fast ausschließlich nur Koreaner leben, ist das nicht einfach Englisch zu praktizieren. Vielleicht sollten die südkoreanischen Eltern nicht so viel Geld für die Paukschulen investieren, sondern ausländische Austauschschüler zu sich einladen?
    Ein weiterer Punkt, warum die Südkoreaner nicht so gut Englisch sprechen: Man sollte dazu verstehen, warum sie überhaupt Englisch lernen (oder warum sie so vernarrt sind für die Bildung). Sie tun das alles für das gute Abschneiden beim CSAT. Beim CSAT und bei den Einstellungstests in den Unis und Firmen werden aber Verständnisfähigkeit in Englisch abgefragt und nicht die Fähigkeit auf Englisch zu artikulieren. Die großen Firmen in Südkorea können auch auf Arbeitskräfte im Ausland zurückgreifen. Da gibt es genügend gute Leute, die perfekt Englisch sprechen können. Daher hat sich nach meiner Meinung für die Firmen die Notwendigkeit nicht gegeben, auch die Artikulationsfähigkeit zu prüfen.

    Zum Punkt 2:
    Ich habe vor kurzem einen Artikel gelesen, wo drin stand, dass einige deutsche Pädagogen 35 Stunden Arbeitsstunden pro Woche für die Schüler fordern. Da musste ich innerlich lachen. Nein, nicht dass du mich falsch verstehst. Ich finde, was in Südkorea passiert, ist einfach zu übertrieben. Auch alle Politiker und Experten in Südkorea, die Amanda Ripley interviewten, waren von ihrem eigenen Bildungssystem nicht begeistert.
    Sicher gibt es auch in Deutschland strenge Eltern, die ihre Kinder in Internate stecken und es gibt ja schon in Deutschland Internate mit strengen Lehrern, die von den Schülern viel abverlangen. Meine Kritik richtet sich vor allem an die Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen. In Südkorea gibt es auch arme Familien. Sie versuchen aber alles, damit ihre Kinder in eine bessere Schule kommen.
    Die Kinder „zart anfassen“, damit sie eine schöne Kindheit haben, ist schön und gut – aber irgendwann erleben sie dann einen Schock spätestens wenn sie eine Berufsausbildung machen oder an der Hochschule studieren müssen. Man muss die Kinder nicht schon im Kindergartenalter oder Grundschulalter für das „harte“ Leben drillen, aber ab Sekundarstufe sollte man schon mehr fordern können, denn wie schon in meinem Artikel erwähnt, sind die Defizite in den MINT-Fächern ein rieisiges Problem bei den deutschen Schülern. Ein Land, das auf stetigen Nachwuchs von guten Ingenieuren und Naturwissenschaftlern angewiesen ist, sollte dafür Sorge tragen, dass die Schüler mehr Beachtung für die MINT-Fächer schenken.

    Übrigens, in den USA gibt es ja ein ähnliches Problem. Die Schüler sind zwar super im Sport, versagen aber in den MINT-Fächern. Zum Glück gibt es in den USA viele Einwanderer aus Korea, China und Indien. Die Familien der Einwanderer sind sehr ehrgeizig und nicht wenige Kinder dieser Familien gehen dann später auch zu den Elite-Unis und gründen dann später vielleicht eine Firma wie Google.

  3. Vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen, Mirco. Ich lerne eine ganze Menge Neues über Südkorea – danke! Vor allem das hier wusste ich nicht:

    Man sollte dazu verstehen, warum sie überhaupt Englisch lernen (oder warum sie so vernarrt sind für die Bildung). Sie tun das alles für das gute Abschneiden beim CSAT. Beim CSAT und bei den Einstellungstests in den Unis und Firmen werden aber Verständnisfähigkeit in Englisch abgefragt und nicht die Fähigkeit auf Englisch zu artikulieren.

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